Weltfrauentag Thema ERGÄNZEN
UNICEF zum Weltfrauentag am 8. März 2003: Nur weil sie Mädchen sind…
Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März ruft UNICEF dazu auf, Mädchen besser vor Diskriminierung, Gewalt und Ausbeutung zu schützen. "Bis heute werden die Menschenrechte von Millionen Kindern missachtet, nur weil sie Mädchen sind", sagte UNICEF-Direktorin Carol Bellamy bei der zentralen Veranstaltung zum Internationalen Frauentag in Berlin. "Mädchen haben in vielen Ländern deutlich schlechtere Lebensbedingungen als Jungen. Sie werden schlechter ernährt und medizinisch versorgt und dürfen oft nicht zur Schule gehen. Eine hohe Sterblichkeitsrate, Mangelernährung und Analphabetismus sind die Folgen", so Bellamy bei der gemeinsamen Veranstaltung von Bundesfamilienministerium, Friedrich-Ebert-Stiftung und UNICEF. Menschenrechtsverletzungen wie die Beschneidung oder die Zwangsehe sind nur dort möglich, wo Mädchen und Frauen benachteiligt und diskriminiert werden.Bildung ist der Schlüssel: UNICEF-Initiative zur Einschulung von Mädchen
Für UNICEF ist Bildung der Schlüssel, um die Situation der Mädchen und Frauen entscheidend zu verbessern. Doch noch immer werden weltweit mehr als 60 Millionen Mädchen gar nicht eingeschult. Mädchen gehen im internationalen Durchschnitt fast viereinhalb Jahre weniger in die Schule als Jungen. 550 Millionen Frauen sind Analphabeten. "Wir müssen schnell handeln, um zu verhindern, dass eine weitere Generation von Mädchen nicht zur Schule geht. Nur wenn Mädchen und Frauen Zugang zu Bildung haben, sind sie in der Lage, sich gegen die Verletzung ihrer Menschenrechte zu wehren", sagte Carol Bellamy. Die UNICEF-Direktorin stellte deshalb in Berlin eine neue weltweite UNICEF-Initiative für Mädchenbildung vor. Bis 2005 sollen in 25 Ländern alle Mädchen zur Schule gehen. Ausgewählt wurden insbesondere Staaten, in denen die Einschulungsrate von Mädchen deutlich unter der von Jungen liegt. Dazu gehört zum Beispiel der Jemen mit der weltweit größten Kluft zwischen Mädchen und Jungen von 31 Prozent, aber auch die Türkei mit immer noch 11 Prozent.Diskriminierung mit tödlichen Folgen
Die Diskriminierung von Mädchen durchdringt alle Lebensbereiche und ist auch die Ursache dafür, dass Mädchen deutlich häufiger als Jungen bereits im Kindesalter sterben.
Weltweit "fehlen" über 100 Millionen Frauen. Ursache hierfür ist die erhöhte Mädchensterblichkeit durch massive Benachteiligung von klein an, zum Beispiel schlechtere Ernährung und unzureichende medizinische Versorgung. Hinzu kommen geschlechtsspezifische Abtreibungen und sogar Kindestötungen. In Indien werden zudem jährlich etwa 5.000 Frauen Opfer von Mitgiftmorden. Eine besonders brutale Form der Gewalt sind Säureattentate. In Bangladesch wurden allein 2001 rund 340 Mädchen und Frauen von Männern mit Batteriesäure überschüttet. Die Säure fügt den Opfern schwere Verbrennungen zu und entstellt ihre Gesichter und Körper.Mädchenbeschneidung ist eine weitere grausame Menschenrechtsverletzung. Bis heute werden weltweit jeden Tag fast 6.000 Mädchen in dem grausamen Ritual der Beschneidung die Geschlechtsorgane verstümmelt. Weltweit betroffen sind etwa 130 Millionen Mädchen und Frauen in 28 Ländern Afrikas sowie einigen Ländern Asiens und des Mittleren Ostens. In Ländern wie Somalia werden 90 Prozent der Mädchen dieser grausamen Prozedur unterzogen. Häufig dürfen Mädchen nicht selbst über ihren Lebenspartner und den Zeitpunkt ihrer Heirat entscheiden. In Äthiopien wird jedes zweite Mädchen verheiratet, bevor es das 14. Lebensjahr erreicht hat. Bei zwei von drei Mädchen beginnt dort die Ehe mit einer Entführung, häufig auch mit einer Vergewaltigung. In Afrika trägt die Diskriminierung von Frauen entscheidend dazu bei, dass Mädchen und Frauen sich sehr viel häufiger mit dem HI-Virus infizieren als Männer. In den Ländern südlich der Sahara sind heute rund 5,7 Millionen Mädchen und Frauen zwischen 15 und 24 Jahren HIV-positiv – gegenüber 2,8 Millionen jungen Männern in dieser Altersgruppe. Am größten ist das AIDS-Risiko für Mädchen aus armen Familien, die nicht oder nur kurz zur Schule gegangen sind. Befragungen in Südafrika zeigen, dass dort jedes dritte Mädchen gegen seinen Willen zum ersten Geschlechtsverkehr "überredet" oder gezwungen wurde. Jedes zehnte Mädchen macht dort seine erste sexuelle Erfahrung als Opfer einer Vergewaltigung. Und auch in freiwilligen Beziehungen können Mädchen meist nicht den Gebrauch eines Kondoms durchsetzen.
Mädchen stark machen
Traditionen wie die Beschneidung, Kinderhochzeiten oder sexuelle Gewalt lassen sich jedoch nicht allein durch Verbote überwinden. Entscheidend sind vielmehr Aufklärungs- und Bildungsprogramme. Untersuchungen der Weltbank belegen überdies, dass Programme zur Mädchenbildung die erfolgreichsten Investitionen in Entwicklungsländern überhaupt sind:
- So ist die Kindersterblichkeit umso geringer, je länger eine Mutter zur Schule gegangen ist. Jedes zusätzliche Schuljahr der Mütter senkt die Sterblichkeitsrate durchschnittlich um zehn Prozent.
- Bildung ist das beste Verhütungsmittel: Frauen, die zur Schule gegangen sind, heiraten später und bekommen auch weniger Kinder, weil sie bei der Familienplanung mitentscheiden.
- Bildung verbessert den Status der Mädchen: Ihre Möglichkeiten steigen, später ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften. Selbstbewusste Mädchen und Frauen können sich auch besser vor sexueller Ausbeutung und AIDS schützen.
Erfolge durch UNICEF-Bildungsprogramme
Verstärkte Investitionen in die Grundbildung haben in den vergangenen Jahren in einigen Ländern bereits dazu geführt, die Benachteiligung von Mädchen abzubauen. So konnte UNICEF mit seiner bislang größten Bildungskampagne den Mädchenanteil unter den Schülern in Afghanistan innerhalb eines Jahres von fast null auf jetzt nahezu 30 Prozent erhöhen. (Vor der Talibanzeit lag der Mädchenanteil bei zwei Prozent). In Nepal erhielten bereits mehr als 800.000 Kinder zwischen zehn und fünfzehn Jahren mit Hilfe von UNICEF eine Grundausbildung - die meisten von ihnen Mädchen, die zuvor nie eine Schule besucht hatten.
Die UNICEF-Kampagne zur Verbesserung der Mädchenbildung, die jetzt in 25 Ländern beginnt, soll weltweit einen neuen Schub für die Bildungschancen der Mädchen bewirken. Wesentliches Element ist dabei die Steigerung des Frauenanteils unter Lehrern. Lehrstoff und Lehrbücher werden dem Lebensalltag von Mädchen angepasst. Zudem sollen Eltern ermutigt und unterstützt werden, ihre Töchter zur Schule zu schicken. UNICEF setzt sich bei den Regierungen dafür ein, dem Schulunterricht für Mädchen einen höheren Stellenwert einzuräumen und berät die Verantwortlichen vor Ort. Mit außerschulischen Bildungsprogrammen spricht UNICEF zudem gezielt Mädchen an, die vom regulären Schulsystem nicht erreicht werden, weil sie zum Beispiel arbeiten müssen oder auf der Straße leben.
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