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Gysi-Man schmiss das Handtuch

Hat er andere Gründe? Oder einfach  die Nase voll ? Oder kommt er wieder, wenn die etwa 200 anderen Sünder nicht auch gehen? Und ihn deshalb zurückbetteln müssten, um nicht selbst als "gewissenlos" dazustehen.

Bonusrepublik-Deutschland

Vorteile, Vorurteile und Urteile   Kommentar von Sven

Der "Bonus-Meilen-Skandal" ist ein Medien-Skandal, denn die "BILD"-Zeitung scheint Wahlkampf für Stoiber machen zu wollen, indem sie Sünder in der FDP und den Unionsparteien unerwähnt lässt.
Der Pranger ist den Gysis und Trittins vorbehalten. 

Laut ARD-Kontraste erhielt "BILD" ihre Informationen vom "Bund der Steuerzahler", 
für den ein Möllemann-Kollege die Bonus-Story recherchierte.

Es mag sicherlich das Recht privater Massenmedien sein, dass sie sich hart in den Wahlkampf einmischen, aber wenigstens dann sollte sich ihre Glaubwürdigkeit restlos verschleißen, wenn sie es durch bewusste Desinformation tun.  Soweit zum Stand der Geschehnisse am 01.08.02

Aus Protest empfehle ich einen zweiwöchigen "BILD"-Boykott! 

Nun zum "Fall Gysi", die eigentlich Nebensache, wenn man nicht auch über ihn mal wieder sprechen wollte:

Warum sollten Politiker bessere Leute sein als die sie wählenden Normalbürger?

Es gäbe Gründe für das Gutmenschentum, aber viele Leute möchten sich eher durch selbstsüchtige Großmäuler als durch einen Jesus vertreten sehen.  Gysi war nicht nur laut, sondern auch intelligent und alles in allem deutlich populärer als die durch ihn vertretene PDS. Gysi leistete sich Eitelkeit und tat dies meines Erachtens verdient, jedenfalls im Vergleich zu seinen politischen Konkurrenten. Wer ihm seine Erfolge missgönnt haben sollte, outet eigene Charakter-Probleme und sollte sich  nicht mit politischer Gegnerschaft rauszureden versuchen.

Für letztere gäbe es separate Veranlassung, denn Gysi verzichtete trotz seiner intellektuellen Überlegenheit nicht auf einen Links-Populismus, der die Konzeptlosigkeit des Sozialismus für Mensch und Gesellschaft durch Kollektiv-Fiktionen und DDR-Nostalgie verschleierte: "Wir werden es den Bonnern zeigen!", hörte ich ihn mal jenseits aller Marxismus-Theorie(n) auf einem Pankower Straßenfest an niederste DDR-Instinkte appellieren. 

Gysi war seiner Partei die wichtigste Reformkraft, was man ihm anerkennen muss, weil es dazu sehr wohl Veranlassung gab, 
a) als Alternative zu einem damals drohenden Verbot gab, 
b) als Alternative dazu, dieser Partei lediglich den Rücken zu kehren, als habe es sie trotz 2,8 Mio. Mitgliedern und damit massenweiser Mitverantwortung nie gegeben.

Aber Gysi war nicht nur ihre Reformkraft, sondern auch ihr hervorragendster Förderer, was den Menschen in der ehemaligen DDR zwar ein Stück Identität zu sichern vermochte, aber eben auch um den Preis politischer Kontinuität im Denken und in der unproduktiven Zuweisung gesellschaftlicher Verantwortung an die Adresse des Staates.

Doch auch dieser Vorwurf sollte nur verhalten gebracht werden, denn 
a) war nach 45 Jahren sozialistischer Diktatur die wirtschaftliche und kulturelle Erschütterung zu tiefgreifend, um sie durch Kohls Dekrete zur Hoffnung auf Blühende Landschaften erledigen zu können, 
b) machen es die anderen Parteien auch nicht anders, tun so, als könne der Staat alles regeln, es fehle nur an der richtigen Politik.  Teilweise würde es ja auch stimmen, aber eben nur in dem Sinne, als der Staat sich auf die Gestaltung und Wahrung von Rahmenbedingungen konzentriert und sich nicht anmaßt, wirtschaftliche und demokratische Verantwortung auf sich zu konzentrieren, der er nicht gerecht werden kann ohne alles in Pleite zu jagen. 

Nun war Gysi auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere angelangt: Stellv.Regierender der Hauptstadt, Wirtschaftssenator in einer Koalition mit der SPD, also dem strategischen Fortschritt überhaupt, denn die Isolation der PDS musste durch diese Koalition als beendet angesehen werden.

Und jetzt stolpert dieser Mann über eine vergleichsweise Geringfügigkeit? Politische Spekulanten mögen ihm das nicht abnehmen, möchten ihn als StaSi-Belasteten einknicken sehen. Es wird wieder wenig dran sein, aber wenig ist mehr als nichts und für "unsere ehemaligen Brüder und Schwestern in der Zone" allemal nachteiliger als in den Diensten des Verfassungsschutzes gestanden zu haben. Das geteilte Land hatte eine geteilte Realität und war sich dennoch in so vielem gleich wie auch die heutige Bonusrepublik-Deutschland zeigt. Bundestagspräsident Thierse verlangte bislang vergeblich von der Lufthansa Auskunft, welche Abgeordneten außer den "BILD"-Geouteten Bonus-Meilen in Anspruch genommen haben. Es war sicherlich ein Geheimtipp hunderter Abgeordneter, einander in der BT-Cafeteria erzählt, am Flughafen privat umgemünzt: "Es hat funktioniert! Auf nach Mallorca!", deutsche Politiker sind eben doch sparsam - klaro, bei über 10.000 Euro BT-Einkünften und den knappen Honoraren, die man bei Hinzinger & Co. selbstredend ohne Gegenleistung einstreichen kann (Stichwort "Leistungsgesellschaft").

Die Konservativen und auch die Hardliner in der PDS können sich für den Moment glücklich schätzen, denn "Miles & More" kostete erst die Grünen ihren unerfahrenen Minderheitenpolitiker und nun die PDS ihren eigentlichen Chef Gregor Gysi. - In der bundesdeutschen Politik dürfte es langweiliger werden, nicht unbedingt schlechter, nicht unbedingt besser. Und ich bin gespannt, ob Gysi wie all seine konservativen Polit-Kollegen in den anderen Parteien ein Stehaufmännchen sein wird, denn "Miles & More" ist ein Treppenwitz im Vergleich zu den endlosen   Partei-Spenden-Affären, die eigentlich CDU/CSU und SPD zu kriminellen Vereinigungen hätten abstempeln müssen, aber Demokratien kommen ohne Parteien nicht aus und wieder sind die Unterschiede so erbärmlich klein, dass sie mit Wahlkampfkosten in Millionenhöhe aufblasen werden müssen, damit wir den Eindruck von "Wahlen" haben. Haben wir ja, aber zwischen was eigentlich? 

Noch ein Wort zu Gysis letztem Selbstrettungsversuch kurz vor dem Rücktritt: Gysi verkündete, die "Ersparnisse" an Amnesty International "spenden" zu wollen. Einige Leute werden das für eine nette Idee gehalten haben, mir schien es trotz Sympathie zu AI suspekt.  Meine Frau schließlich war (ausnahmsweise:-) schneller: Gysis Idee zeuge von Unverstand, denn das ersparte Geld ist Steuergeld und über die Staatskasse hat niemand private Entscheidungen zu treffen.  
Recht hat sie.  Politiker, Volk und ich brauchen ab und zu Nachhilfe in Sachen Redlichkeit.

Sven Redaktion           
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