Tibet ist ein ausgedehntes Hochland in
Zentralasien.
Die Bezeichnung Tibet wird heute sowohl für das gesamte tibetische Hochland
verwendet, als auch für das Autonome Gebiet Tibet, ein in den fünfziger
Jahren gewaltsam annektiertes Verwaltungsgebiet der Volksrepublik China. Das
Autonome Gebiet Tibet umfasst etwa die Hälfte des tibetischen Kulturraums
und liegt im Süden Tibets. Die nördlichen und östlichen Teile des
tibetischen Kulturraums sind Teil der chinesischen Provinzen Qinghai, Gansu,
Sichuan und Yunnan. Im offiziellen chinesischen Sprachgebrauch steht der
englische Begriff Tibet (d.h. das chinesische Xizang 西藏) immer
für das Autonome Gebiet Tibet; allerdings schließt auch der tibetische
Begriff bod bzw. bod yul die osttibetischen Regionen Amdo und Kham, also überwiegend
außerhalb des Autonomen Gebiets Tibet gelegenen Gebiete, üblicherweise
nicht mit ein. Um mitgerechnet zu werden, muss im Tibetischen bod chen (Böchen)
= „Groß-Tibet“ gebraucht werden.
Die Zugehörigkeit Tibets zur Volksrepublik China ist in der breiten Öffentlichkeit
umstritten (siehe dazu: Tibets Status), obwohl es weltweit keinen Staat
gibt, der dies auf diplomatischer und politischer Ebene offiziell in Frage
stellt.
Flagge der Exilregierung
Geographie
Das Hochland von Tibet, das in seinem äußersten Süden einen großen Teil
des Himalaya-Gebirges umfasst und sich auf einer durchschnittlichen Höhe
von 4500 Metern erstreckt, wird häufig als „Dach der Welt“ bezeichnet
und gilt als die höchstgelegene Region der Welt.
Das Hochplateau Tibets ist wüstenhaft, der trockenste Teil ist der
westliche Bereich, der als Changthang (tibetisch für „nördliche Ebene(n)“)
bezeichneten alpinen Steppen. Der Grund für die Trockenheit liegt vor allem
darin, dass der Himalaya das Hochland nach Süden hin von den indischen
Monsunregen abschirmt und im Inneren kontinentales Klima vorherrscht.
Umschlossen wird Tibet von den Gebirgen des Himalaya im Süden, den
osttibetisch-chinesischen Randketten im Osten (Min Shan, Minya Konka,
Hengduan Shan), dem Karakorum im Westen und dem Kunlun Shan im Norden, aber
auch im Inneren wird es von zahlreichen Gebirgsriegeln durchzogen. Tibet
grenzt von Westen nach Osten an die indischen Bundesstaaten Jammu und
Kashmir, Himachal Pradesh, Uttarakhand, Sikkim und Assam (nach chinesischer
Auffassung) bzw. Arunachal Pradesh (nach indischer Auffassung und aktueller
politischer Grenzen), sowie an die Länder Nepal, Bhutan und Myanmar
(Birma), mit einer Gesamtlänge der Grenze zu diesen drei Ländern von knapp
4000 km.
Tibetischer Kulturraum
Das „geographische“ Tibet (d.h. das Hochland von Tibet inklusive der
Randgebirge in China und den Nachbarländern) erstreckt sich über eine Fläche
von 2,5 Millionen km² und wird traditionell in folgende Kulturregionen
unterteilt:
Amdo (Nordosten), zu dem in heutiger Zeit zumeist auch das ursprünglich
nicht zu Amdo gezählte Qaidambecken gerechnet wird
Kham (Südosten)
Gyarong (äußerster Osten)
Changthang (Hochlandsteppen im Zentrum, Norden und Nordwesten)
Ü-Tsang, das ganz „Zentraltibet“ (also die eigentlich im Süden Tibets
gelegenen Provinzen Ü (dbUs) und Tsang) umfasst, im weiteren Sinne (d.h.
dem der ehemals von Lhasa aus kontrollierten Gebiete) noch die in Südosttibet
anschließenden Gebiete des heutigen Distriktes Lhokha (chin. Shannan mit
dem Kongpo) und einigen Regionen im Südwesten von Kham (insbesondere das zu
Beginn des 20. Jahrhunderts von Lhasa-Truppen eroberte Poyül)
Ngari (Westtibet)
Westtibet ist jedoch Teil eines grenzüberschreitenden Kulturraums, der
folgende Räume umfasst:
Ngari (Tibet / VR China)
Ladakh und Zangskar (Jammu und Kashmir, Indien)
Spiti und Lahul (Himachal Pradesh, Indien)
Auch der zentral- und südtibetische Kulturraum erstreckt sich grenzüberschreitend
auf:
Teile Nord-Nepals, insbesondere Mustang und Khumbu,
den indischen Bundesstaat Sikkim,
Teile des Distrikts Darjiling im indischen Bundesstaat Westbengalen,
insbesondere Kalimpong,
den Staat Bhutan und
große Teile des indischen Bundesstaates Arunachal Pradesh, dessen
Territorium zum größten Teil von China als Teil Tibets beansprucht wird.
In all diesen tibetischen Kulturregionen finden sich Tibeter bzw. tibetisch
sprechende Gruppen, wobei in den Randgebieten häufig auch andere Völkerschaften
zu finden sind, die nicht immer mit den Tibetern sprachlich verwandt oder
kulturell eng verbunden sind (Muslime in Amdo und Ladakh). Aus diesem Grunde
zeichnet sich der tibetische Kulturraum trotz aller Gemeinsamkeiten auch
durch eine gewisse kulturelle Vielfalt aus.
Autonomes Gebiet Tibet
Das Autonome Gebiet Tibet ist eine Verwaltungseinheit der Volksrepublik
China. Es umfasst ein Gebiet von 1,2 Millionen km² – die ehemaligen
zentraltibetischen Provinzen Ü (dbUs) und Tsang, Ngari, weite Teile des
Changthang sowie den westlichen Teil der Kulturregion Kham.
Das Autonome Gebiet Tibet umfasst etwa die Hälfte des tibetischen
Kulturraums.
Klima
In Tibet herrscht Hochlandklima mit großen Tagestemperaturschwankungen und
viel Sonnenschein. Auch sind die Temperaturunterschiede zwischen dem Süden
Tibets und dem Norden beträchtlich.
Das angenehmste Klima ist in den tieferen Lagen des Südostens Tibets. Dort
liegen auch die Städte Lhasa, Gyangzê und Xigazê. Lhasa hat eine
Durchschnittstemperatur von 8 Grad Celsius, Xigazê von 6,5 Grad während
nach Norden hin das tibetische Plateau auf über 4500m Höhe ansteigt und in
der nördlichen Hälfte Tibets ist die jährliche Durchschnittstemperatur
unter 0 Grad (Permafrostgebiet).
Die meisten Bewohner Tibets leben im Gebiet zwischen Lhasa und Xigazê sowie
am Ostrand des tibetischen Hochlands während der Norden, der Zentralbereich
wie auch der Westen Tibets weitestgehend unbewohnbar sind.
Bevölkerung
Die Schätzungen der tibetischen Exilregierung ergeben andere Zahlen. Nach
ihren Schätzungen leben im Hochland von Tibet heute 6 Millionen Tibeter und
ca. 7,5 Millionen Chinesen; in allen Städten Tibets seien heute
Han-Chinesen bereits in der Mehrheit und insgesamt ca. 111.170 Tibeter leben
im Exil. ...
Geschichte
Tibetische Monarchie
Hauptartikel: Tibetische Monarchie; siehe auch Liste der Könige von Tibet
historische Karte vergrößern >>
Zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert war Tibet ein starkes Reich. Nach der
Schwächung der Position der tibetischen Könige im 10. Jahrhundert bildete
sich die prägende Form der tibetischen Gesellschaft aus. Das Land war in
drei unterschiedliche Besitzformen unterteilt: freier Grundbesitz, Ländereien
der adligen Familien und Ländereien unter der Verwaltung verschiedener
buddhistischer Klöster. Diese Form bestand bis in die 1950er, wobei zu
diesem Zeitpunkt mehr als 700.000 der 1,25 Millionen starken Bevölkerung
als vom Adel oder den Klöstern abhängige Bauern tätig waren.
Im Jahre 1240 wurde Tibet durch den mongolischen Khan Güyük Khan erobert
und in das Reich eingegliedert. Köden, der jüngere Bruder Güyük Khans
wurde 1247 zum vorübergehenden Gouverneur der eroberten Tibet-Region
ernannt. Mitte des 13. Jhdt. bis Mitte des 14. Jhdt. wurden Angehörige der
Sakya-Schule des tibetischen Buddhismus von den mongolischen Khans als Vizekönige
eingesetzt [4]. Es folgten Zwischenregierungen, mit drei
Herrschafts-Dynastien. Während der letzten Invasion der Mongolen am Anfang
des 16. Jahrhunderts wurde die jüngste der vier religiösen Linien, die der
Dalai Lamas, zur offiziellen Regierung erklärt.
Im frühen 18. Jahrhundert etablierte China das Recht, bevollmächtigte
Regierungsvertreter (so genannte Amban) in Lhasa zu stationieren. Als die
Tibeter im Jahr 1750 gegen China rebellierten und den Regierungsvertreter töteten,
reagierte China darauf mit dem Einmarsch seiner Truppen und der Einsetzung
eines neuen Vertreters. Die tibetische Regierung führte jedoch wie zuvor
ihre Arbeit fort.
Während des 19. Jahrhunderts lebten die Menschen in einem feudalen System
unter den Lamas. Die großen Klöster besaßen den Hauptanteil des Landes
und monopolisierten das Bildungssystem sowie die meisten wirtschaftlichen
Aktivitäten und zogen Abgaben ein. Ein Handel mit dem Ausland gab es bis
auf ein paar Ausnahmen mit Indien, Turkmenistan und China nicht. Der Dalai
Lama wurde als das Oberhaupt angesehen, aber sein Einfluss schwankte mit
seinen persönlichen Fähigkeiten. Durch das Tulku-System der Reinkarnation
gab es lange Phasen, in denen der Dalai Lama zu jung war, um sein Amt auszuführen.
In dieser Zeit wurde der Panchen Lama als effektive Führung des Landes
angesehen.
Britische Einflussnahme
Während der Phase des Great Game erneuerten die Briten ihr Interesse an
Tibet, da sie eine Inbesitznahme Tibets durch Russland befürchteten, das
seinen Einfluss nördlich und westlich von Tibet ausweitete. Das Drängen
auf ein Abkommen mit England wurde jedoch von der tibetischen und der
chinesischen Regierung abgelehnt. Als Antwort entsandten die Briten 1904 ein
Expeditionscorps unter der Leitung von Francis Younghusband, das nach kurzen
Kämpfen gegen die schlecht ausgestattete tibetische Armee die Stadt Lhasa
erreichte.
Nach der Flucht des 13. Dalai Lama in die Mongolei erwirkten die Briten mit
den verbleibenden tibetischen Vertretern ein Abkommen, in dem die Öffnung
der Grenze und der Handel zu Britisch-Indien begünstigt wurden. Weiterhin
wurde festgelegt, dass Tibet nicht ohne Einverständnis der Briten in
Verhandlungen mit anderen Ländern treten durfte. Ein Abkommen mit China
1906 wiederholte diese Bedingungen, was Tibet de facto zu einem Protektorat
der Briten machte. Eine Einmischung in innere Angelegenheiten fand jedoch
nicht statt.
Im Jahr 1907 stellte ein Abkommen zwischen England, China und Russland die
Suzeränität Chinas fest. 1910 schickten die Chinesen eine eigene militärische
Expedition, um diesen Anspruch zu festigen. Der Dalai Lama floh erneut,
diesmal nach Indien. Aufgrund der Revolution, dem Sturz der Qing-Dynastie
und dem damit einhergehenden Ende des Kaisertums in China im Jahr 1911,
verließen die chinesischen Truppen Tibet. Im März 1912 zwangen tibetische
Verbände die letzten Truppen zum Rückzug. Der Dalai Lama kehrte 1912 zurück
und zog 1913 in Lhasa ein. Nur 22 Tage später erklärte er in einer
feierlichen Proklamation die förmliche Unabhängigkeit Tibets.[5] Hierbei
wurden auch die äußeren Symbole wie Flagge und Hymne festgelegt.
Während der 1920er und 1930er Jahre war China durch Bürgerkriege gespalten
und durch den Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg abgelenkt, gab aber nie
den Anspruch auf Tibet auf und unternahm gelegentliche Versuche diesen
durchzusetzen. In der Regierungszeit des 13. Dalai Lama hatte Peking jedoch
keine Repräsentanten in dessen Territorien, schickte aber nach dessen Tod
eine Kondolenz-Mission nach Lhasa, angeführt von General Huang Musong.
Der nach der Kapitulation Japans 1945 in China ausgebrochene Bürgerkrieg
sorgte in Tibet für Besorgnis. Als Reaktion wurden alle chinesischen
Beamten des Landes verwiesen und die eigene Armee aufgerüstet. Ein Appell
an die Regierungen Großbritanniens, Indiens und der USA im Jahr 1949 blieb
ohne Erfolg, so dass Tibet politisch isoliert blieb.
Chinesische Okkupation
Nach der Machtübernahme der Kommunistischen Partei und Gründung der
Volksrepublik China unter Führung von Mao Zedong im Oktober 1949 erwachte
der Anspruch auf Tibet und dessen Anschluss an das chinesische
„Mutterland“ erneut. Die Absicht der Befreiung Tibets vom „britischen,
imperialistischen Joch“ durch Chinas Volksbefreiungsarmee wurde im Januar
1950 durch Radio Peking verkündet. Im Oktober 1950 erreichte die
Volksbefreiungsarmee die tibetische Stadt Chamdo, wo sie nur auf minimalen
Widerstand durch die schlecht ausgerüstete tibetische Armee traf. Einen
Monat nach der Kapitulation der Armee in Osttibet durch den Gouverneur von
Kham, Ngabo Ngawang Jigme, übernahm in Lhasa im Alter von 15 Jahren, drei
Jahre früher als üblich, der 14. Dalai Lama die Regierung Tibets. Ein
anschließender Appell an die Vereinten Nationen blieb durch die Ablehnung
von Großbritannien und Indien wegen des „ungeklärten Rechtsstatus
Tibets“ erfolglos.
Nach der Aufnahme von Verhandlungen mit China unterzeichneten Repräsentanten
der tibetischen Regierung am 23. Mai 1951 unter politischem Druck in Peking
das 17-Punkte-Abkommen, ohne jedoch die Vollmacht durch ihre Regierung hierfür
zu besitzen. In dem Abkommen wurde die Integration Tibets in China
festgelegt, wobei Tibet neben der regionalen Autonomie und Religionsfreiheit
auch eine Garantie zugesichert wurde, dass das existierende politische
System in Tibet unverändert bleibt. Weiter sollen Reformprozesse ohne Druck
durch chinesische Zentralbehörden nur durch die tibetische Regierung
eingeleitet werden.
Drei Tage später erfuhr die tibetische Regierung über das Radio von der
Unterzeichnung und dem Inhalt des Abkommens. Da hierin das religiös-politische
System Tibets und die Stellung des Dalai Lama unverändert bleiben sollte,
stimmte die Regierung in Lhasa am 24. Oktober 1951 dem Abkommen zu. Wenige
Tage darauf brach die Volksbefreiungsarmee in Richtung Zentraltibet auf und
errichtete in wenigen Monaten eine starke Militärpräsenz in Lhasa, die
zahlenmäßig fast der Bevölkerungszahl entsprach.
Zu diesem Zeitpunkt unternahm die chinesische Regierung keine Versuche, das
soziale oder religiöse System in dem neu geschaffenen Autonomen Gebiet
Tibet zu verändern, jedoch wurde das östliche Kham und Amdo wie jede
andere chinesische Provinz behandelt. Der Versuch der Kommunistischen
Partei, dort die Landreform durch Errichtung von Volkskommunen und
Sesshaftwerdens der Nomaden durchzusetzen, erzeugte erste Unzufriedenheit in
der Bevölkerung. In den 1950ern kamen in diesen Gebieten größere Unruhen
auf, die sich letztendlich bis ins westliche Kham und Ü-Tsang ausweiteten.
1955 kam es zu einem spontanen Aufstand, der blutig niedergeschlagen wurde.
Anschließend kam es durch den Zusammenschluss verschiedener Stammesgruppen
zu einer landesweiten Rebellion, die sich im Khampa-Widerstand „Chushi
Gangdrug“ organisierte.
1959, zur Zeit des Großen Sprungs nach vorn in China, behandelte die
chinesische Führung den mittlerweile erwachsenen Dalai Lama mit offener
Pietätlosigkeit. Am 10. März 1959 brach daraufhin in Lhasa der
Tibetaufstand aus. Nach dem Beschuss des Norbulingka durch chinesische
Truppen am 17. März 1959 floh der dort verweilende Dalai Lama nach Indien.
Zwei Tage später brachen Kämpfe in der Stadt aus, der Volksaufstand wurde
am 21. März brutal niedergeschlagen. Bei den Kämpfen starben laut
exiltibetischer Angaben zehntausende Tibeter.[6] Zu Unruhen in Lhasa kam es
auch zwischen 1987 und 1989, was zur Ausrufung des Ausnahmezustandes durch
die Behörden führte, sowie im März 2008. [7]
Siehe auch: Zeittafel
Tibet
Tibets Status
Bis Anfang des 18. Jahrhunderts war Tibet eine Region ohne festgelegte
Grenzen, bei innerer Autonomie unter mongolischer Schirmherrschaft. Mit dem
Niedergang der mongolischen Macht brachen auf tibetischem Gebiet
„Nachfolgeunruhen“ aus.
Aufgrund dieser Unruhen erklärte China um 1720 das Gebiet Tibets zu seinem
Protektorat bei voller innerer Autonomie Tibets. Diese Konstruktion hielt
fast 200 Jahre lang und hatte Vorteile für beide Seiten.
Die Tibeter waren Herren im eigenen Land und weitgehend ungestört und unter
sich. Chinesischen Einfluss gab es nur in den östlichen Randlagen Tibets zu
der chinesischen Tiefebene. Dies sind bis heute die Gebiete mit einem größeren
Bevölkerungsanteil von Han-Chinesen. Darüber hinaus hatte kaum ein Chinese
aus dem Flachland die Motivation, das unerschlossene Gebiet Tibets, viele
hundert Kilometer zu durchqueren, da diese Gebiete häufig auch nur sehr dünn
besiedelt waren. Jede Reise in Tibet war beschwerlich und ohne ortskundige
Begleitung nicht zu machen. Es gab in Tibet zudem fast nichts, mit dem die
Chinesen den Handel hätten treiben können, der diese aufwändige Reise hätte
rechtfertigen können. So verweilten zur Zeit des Einmarsches Chinas in das
damals de facto unabhängige Tibet (dies umfasste ungefähr das Gebiet des
heutigen Autonomen Gebiets Tibets) im Jahr 1950 dort nur sechs Ausländer,
darunter auch die Österreicher Heinrich Harrer und Peter Aufschnaiter.
Für die Chinesen hatte das Protektorat über Tibet den Vorteil der
Klarstellung, dass China bis zum Gebirgskamm des Himalaya Gebietsansprüche
hatte. Es war eindeutig, ab wann fremde Mächte chinesisches Hoheitsgebiet
betraten, und einen Krieg mit China wollte keiner der kleineren umgebenden
Staaten beginnen.
Für die Bevölkerung Tibets garantierte die Stellung als chinesisches
Protektorat den Schutz gegen äußere Feinde und damit den äußeren
Frieden.
Aufgrund dieser Konstellation wird in den alten Atlanten[8] Tibet meist als
Teil Chinas dargestellt.
Die Lage änderte sich mit dem Auftauchen der englischen Invasionsarmee,
welche die Außengrenzen Chinas nicht respektierte.
Die chinesische Sichtweise
Aus Sicht der festland-chinesischen Regierung ist Tibet seit mehreren
hundert Jahren ein fester Bestandteil Chinas. Nach dieser Ansicht hätte der
13. Dalai Lama Thubten Gyatso im Jahr 1894 mit Hilfe der britischen
Imperialisten versucht, Tibet von China abzuspalten. In diesem Jahr wurde
der Statthalter des chinesischen Kaisers vom Dalai Lama aus Tibet
vertrieben.[9] Die Kolonialmacht Großbritannien war in China militärisch
präsent und unterstützte die Abspaltung Tibets politisch, was die
chinesische Regierung zum Stillhalten zwang. Die Unabhängigkeitserklärung
von 1913 ist aus chinesischer Sicht völkerrechtlich nie wirksam geworden,
da sie weder von China noch von irgendeinem anderen Staat je anerkannt
wurde. Mit dem Zurückdrängen der ausländischen Beeinflussung Tibets
(1950) und dem Abschluss des 17-Punkte-Abkommens (1951) sei der
traditionelle Zustand wiederhergestellt worden.
Die Sicht der tibetischen Exilregierung
Die tibetische Exilregierung vertritt die Auffassung, dass Tibet zum
Zeitpunkt der Invasion durch die chinesische Volksbefreiungsarmee ein unabhängiger
Staat gewesen sei, und dass die militärische Invasion und die andauernde
Besetzung ein Verstoß gegen internationales Recht und gegen das Recht auf
Selbstbestimmung seien. Ferner sei Tibet nicht, wie es die Volksrepublik
darstellt, seit 700 Jahren fester Bestandteil Chinas, sondern habe nur für
kurze Zeiten unter dem Einfluss der Mongolen oder der Mandschus gestanden,
jedoch nie unter dem Einfluss der Han-Chinesen.
Das 17-Punkte-Abkommen ist nach tibetischer Auffassung ungültig, da die
Unterzeichnung durch tibetische Delegierte aufgrund militärischen Drucks
Chinas erfolgte. Des Weiteren wird China vorgeworfen, die in dem Abkommen
zugesicherte innenpolitische Autonomie und Religionsfreiheit missachtet zu
haben.
Am 21. September 1987 machte der Dalai Lama einen Vorschlag zur Annäherung
an China in Form eines Fünf-Punkte-Friedensplans.[10]
Umwandlung von ganz Tibet, einschließlich der östlichen Provinzen Kham und
Amdo, in eine Zone der Gewaltlosigkeit
Aufgabe der chinesischen Politik der Bevölkerungsumsiedlungen
Achtung der Menschenrechte und demokratischen Freiheiten des tibetischen
Volkes
Wiederherstellung und Schutz der Umwelt Tibets
Aufnahme ernsthafter Verhandlungen über den künftigen Status Tibets sowie
Beziehungen zwischen dem tibetischen und dem chinesischen Volk
Die chinesische Regierung wies den Plan am 17. Oktober 1987 zurück und
beschuldigte den Dalai Lama die Kluft zwischen ihm und der chinesischen
Regierung zu vergrößern. Sie wirft ihm darüber hinaus vor, ein
politischer Exilant zu sein, der sich seit langem im Ausland um Chinas
Spaltung bemüht. Ein Dialog mit dem Dalai Lama kommt für sie nur in
Betracht, sobald dieser auf das Streben nach einer so genannten Unabhängigkeit
Tibets verzichtet. Hierzu müsse er in einer öffentlichen und eindeutigen
Erklärung Tibet und Taiwan als untrennbare Teile des chinesischen
Territoriums und die Volksrepublik China als die einzige legitime Regierung
anerkennen, sowie sich zur Einstellung aller Aktivitäten zur Spaltung des
Vaterlandes verpflichten.
Internationale Sicht
Deutschland
Der völkerrechtliche Status Tibets ist umstritten. So betrachtet auf
politischer Ebene die deutsche Bundesregierung in Übereinstimmung mit der
internationalen Staatengemeinschaft Tibet als Teil des chinesischen
Staatsverbandes[11], selbst wenn Tibet in der wechselvollen Geschichte die
Voraussetzung eines unabhängigen Staates erfüllt haben sollte. Sie unterstützt
aber den tibetischen Anspruch auf Autonomie, insbesondere im kulturellen und
religiösen Bereich, als adäquaten Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des
tibetischen Volkes. Kontakte zum Dalai Lama bestehen nur in dessen
Eigenschaft als religiöser Führer.[12]
Andere Stellen kommen zu anderen Ergebnissen in der völkerrechtlichen
Frage. Der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestages stellte 1987
fest:
„Die Staatengemeinschaft geht zwar davon aus, dass Tibet Teil des
chinesischen Staatsverbandes ist, doch wurde der Status Tibets nicht geklärt.
Zum Zeitpunkt der gewaltsamen Einverleibung in den chinesischen
Staatsverband war es ein eigenständiger Staat. China hat keinen wirksamen
Gebietstitel erworben, weil es dem Grundprinzip des aus dem Gewaltverbot
hervorgehenden Annexionsverbots entgegensteht. Die Effektivität tatsächlicher
Herrschaftsgewalt über ein Gebiet vermag keinen Gebietserwerb zu
bewirken.“ [13]
Der Deutsche Bundestag stellte im Jahr 1996 mit einer sehr großen Mehrheit
die gewaltsame Unterdrückung Tibets und Repressionspolitik Chinas fest:
„Beginnend mit den unmenschlichen Militäraktionen seit dem Einmarsch
Chinas im Jahr 1950, dauert die gewaltsame Unterdrückung Tibets und seines
Strebens nach politischer, ethnischer, kultureller und religiöser
Selbstbestimmung bis heute an. Die fortgesetzte Repressionspolitik Chinas in
Tibet hat schwere Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörungen sowie
massive wirtschaftliche, soziale, rechtliche und politische
Benachteiligungen der tibetischen Bevölkerung und letztlich die Sinisierung
Tibets zur Folge.“ [14]
Seit Mai 1995 gibt es im Deutschen Bundestag mit dem Tibet-Gesprächskreis
auch ein interfraktionelles Gremium, das sich laufend mit der
Tibetproblematik beschäftigt.
Im Jahr 1998 bekräftigte der damalige Außenminister Joschka Fischer jedoch
die Zugehörigkeit Tibets zur Volksrepublik China. Er erklärte, die rot-grüne
Bundesregierung stehe mit ihrer Chinapolitik in der Kontinuität der alten
Regierung. Tibet werde als ein integraler Bestandteil Chinas betrachtet,
alle Unabhängigkeitsbestrebungen würden als Separatismus angesehen und
nicht unterstützt[15]. An der Einbringung der Bundestagsresolution[14] zu
Tibet im Jahr 1996 wirkte Fischer (damals noch in der Opposition) ebenfalls
mit.
Europäische Union
Das Europäische Parlament veröffentlichte seit 1987 verschiedene Tibet
betreffende Resolutionen. Hierbei verurteilte es wiederholt die Verletzungen
der Menschenrechte und Religionsfreiheit durch die chinesischen Behörden.[16]
In der Resolution vom 15. Dezember 1992 stellte es fest, dass das tibetische
Volk ein Volk im Sinne des Völkerrechts ist und ihm das Recht auf
Selbstbestimmung zustehe. Weiterhin verurteilte es die militärische
Besetzung Tibets durch chinesische Truppen und drückte angesichts der
Bedrohung der „nationalen Identität“ des tibetischen Volkes seine
Besorgnis aus.[17]
USA
Der US-Senat verabschiedete am 23. Mai 1991 eine Resolution, nach der Tibet,
einschließlich derjenigen Regionen, die den chinesischen Provinzen
einverleibt wurden, nach gängigen Richtlinien internationalen Rechtes ein
besetztes Land bildet, dessen wahre Repräsentanten der Dalai Lama und die
tibetische Exilregierung bilden. Die chinesische Regierung wurde daraufhin
aufgefordert ihre Streitkräfte aus Tibet zurückzuziehen.[18]
Indien
Am 13. April 2005 haben Indien und China eine Reihe von Zusammenarbeitsverträgen
vereinbart, die unter anderem auch eine gemeinsame Deklaration über die
gegenseitig anerkannte Grenze umfassen. Grundsätzlich wird die gegenwärtige
aktuelle Waffenstillstandslinie aus dem Grenzkrieg von 1962 als gemeinsame
Grenze anerkannt. Dabei verzichtet China ausdrücklich auf Ansprüche südlich
der McMahon-Linie (Bundesstaat Arunachal Pradesh) und insbesondere im Gebiet
Tawang, in Sikkim und in Ladakh. Indien auf der anderen Seite erkennt die
Hoheit Chinas im Gebiet nördlich der McMahon-Linie, in der chinesischen
autonomen Region Tibet und auf dem Aksai Chin-Plateau an.
Republik China (Taiwan)
Die Haltung der Republik China (Taiwan) zu Tibet wurde in der Eröffnungsrede
zum International Symposium on Human Rights in Tibet am 8. September 2007
durch deren Präsidenten Chen Shui-bian wie folgt beschrieben:[19]
“During the inauguration conference of the Taiwan-Tibet Exchange
Foundation in 2003, I announced our new policy and emphasized that the
Taiwan government will no longer treat people of the Tibetan
government-in-exile as Chinese people. Instead, we will handle our relations
with Tibet and China separately under this fresh perspective on our
relations with Tibet.”
„Während der Einführungstagung der Stiftung für
Tibetisch-taiwanesischen Austausch im Jahr 2003 habe ich unsere neue Politik
angekündigt und hervorgehoben, dass die taiwanesische Regierung das Volk
der tibetischen Exil-Regierung nicht länger als chinesisches Volk ansieht.
Stattdessen werden wir anhand dieser neuen Sichtweise über Tibet unsere
Beziehungen mit Tibet und China getrennt voneinander behandeln.“
Darüber hinaus sprach er seine Unterstützung für jegliche Lösungsvorschläge
des Dalai Lama in der Tibetfrage aus.
Kultur
Hauptartikel: Buddhismus
in Tibet
Tibet ist der Mittelpunkt des tibetischen Buddhismus, der als Vajrayana
bekannt ist. Der Buddhismus in Tibet hatte sich zunächst seit dem 8.
Jahrhundert und später ab dem 11. Jahrhundert in vier großen
buddhistischen Schulen (Nyingma, Kagyü, Sakya und Gelug) entwickelt. Das
weltliche Oberhaupt Tibets ist der im indischen Exil lebende 14. Dalai Lama,
der zugleich bedeutender Repräsentant einer Mahayana-Schule (Gelug) ist.
Die vorbuddhistische tibetische Religion ist der Bön, die von
buddhistischen Einflüssen stark durchdrungen ist – ebenso wie der
tibetische Buddhismus wiederum vom Bön beeinflusst wurde.
>> Hauptartikel: Tibetische
Literatur
>> Hauptartikel: Tibetische
Küche
Quelle und weiteres >> http://de.wikipedia.org/wiki/Tibet
>> China, Landesinformation, Impressionen
>> Lhasa, Potala-Palast in Lhasa
>> Dalai Lama bzw. der 14. Dalai Lama >> Tenzin Gyatzo (Biographie + Fotos)