FOCUS
 

www.Initiative-Dialog.de

  Print-Ausgabe 9   v. 24. Februar 2001   S.44

Thema: Aussteigerprogramm von Bundesinnenminister Otto Schily

Interview mit Rabanus, dem Verleger von Nazis.de

 

  Der    schrieb:

Mit Geld sind Spitzenfunktionäre ohnehin nicht zu locken", weiß Markus Rabanus, der unter der Homepage www.Nazis.de das bekannteste Dialogprojekt mit Rechtsextremisten verantwortet. "Die ganz großen Top-Leute verdienen mit ihren Anhängern und Projekten viel zu viel." Das eigentliche Ziel müsse der Mittelbau sein.
Einen Teil von Schilys Angeboten hält Rabanus durchaus für sinnvoll. So die Umzugshilfe oder die Suche nach einem neuen Job. "Die Leute müssen aus dem rechten Milieu, aus ihrem gewohnten Umfeld raus." Dringend geboten sei auch die psychische Betreuung der Kandidaten, denn viele Rechtsextremisten seien "durch eine Ich-Schwäche gerade erst zu den Rechten gekommen". Diese Menschen müssten nach der Abkehr seelisch stabilisiert werden. Ein neuer Name und neue Papiere seien dagegen in den wenigsten Fällen nötig, denn "der Ausstieg verläuft in der Regel glimpflich". Gefahr entstehe bloß, wenn Aussteiger öffentlich aufträten. 
   
  Kurze Stellungnahme zum Interview: 

Wir hätten mitteilen sollen, dass trotz dringlichen Bittens keine Hilfen irgendwelcher Art von Ministerien oder sonstigen Stellen für unsere Aussteiger zu erhalten waren.
Auch Kredite waren nicht erhältlich, so dass Privatleute der Initiative-Dialog und andere engagierte Menschen einspringen mussten, um Umzugs- und Wohnungskosten zu bezahlen.

Vielfach gingen bei uns EMails ein, in denen sich FOCUS-Leser kritisch gegen die "Ich-Schwäche"-These wandten.  Wir gehen jedoch nach allem davon aus, dass sehr wohl eine "Ich-Schwäche" zumindest mitursächlich für ein Weltbild ist, in dem sich Menschen persönlichen Bedeutungsgewinn dadurch erhoffen, dass sie sich als Deutsche nicht nur für "etwas Besonderes", sondern für "etwas Besseres" halten, also einen persönlichen Minderwertigkeitskomplex durch kollektivistische Ideologie wettzumachen versuchen.
Feststellungen dieser Art bezwecken nicht, Menschen zu "diskreditieren" oder den Faschismus zu "psychologisieren" etc., sondern sind unumgänglich zu berücksichtigen, 
wenn ernsthaft Menschen aus dem Wahn von Fremdenfeindlichkeit und "Rassedenken" herausgeholfen werden soll.  Aussteigern dadurch "helfen" zu wollen, dass man ihre ohnehin übergroße Distanz zum Staat und zur Gesellschaft dadurch noch vergrößert, dass man ihnen mit "Kapitalismus-Kritik" käme, ist vollständig kontraproduktiv. Solch falsch verstandener "Antifaschismus" zeitigt keinen "Aussteiger", sondern "Umsteiger"  und wird dem Betroffenen nicht ansatzweise weiterhelfen, sein Leben zu ordnen.

Die "Ich-Schwäche" bzw. das Minderwertigkeitsgefühl ist besonders in der Pubertätsphase eine vielfach anzutreffende Causa für jugendlichen Extremismus.  Erstaunlich, dass die heute regierende Generation (rot-grün) so wenig Einfühlungsvermögen zeigt, obwohl sie selbst sich selbst zu den politischen Überreaktionen ihrer Jugendzeit bekennt, jedoch offenbar nicht in der Lage ist, sich einfachster Ursachen bewusst zu werden.
Der Dialog zwischen den Generationen wäre wichtig, um solche Wiederholungen, gleich welchen politischen Vorzeichens, zu vermeiden.

Redaktion  Nazis.de 

 

unsere Presseerklärung hatte folgenden Wortlaut

Presseerklärung vom 01.03.2001 zum Aussteiger-Programm