Altbauverkaufsklausel
Durch eine BGH-Entscheidung v. 04.04.2014 wurde
die Haftung von Altbauverkäufern für schwerwiegende Baumängel sogar auf das
"Prognoserisiko" erweitert, so dass der es quasi zum Geschäftsmodell
für unredliche Erwerber werden kann.
Um den Verkäuferschutz halbwegs zu
gewährleisten, bestehen wir deshalb auf folgende Klausel:
"Dem Käufer wurde vor
dem Kaufvertrag jede erdenkliche Prüfung der rechtlichen Verhältnisse und
baulichen Beschaffenheit ermöglicht. Hinsichtlich etwaig übersehener Mängel
stellt der Käufer den Verkäufer von jeglicher Gewährleistung einschließlich
des Prognoserisikos für die Kosten etwaiger Rechts- und Baumängelbeseitigung
frei."
Stand 2014-05-12
Hintergrund
von redaktion am
Sa 12. Apr 2014, 01:04
Ein Mietshaus in
Berlin wechselt für
einen Kaufpreis i.H.v. 260.000
€ den Eigentümer.
Der Erwerber setzt für die Schwammbeseitigung vor dem Berliner Kammergericht 639.000
€ Schadensersatz gegen
den Veräußerer durch, die Haftung sei unbegrenzt. Dagegen zog der angerufene
BGH zwar eine Haftungsgrenze ein und verlangte von der Vorinstanz zwecks Verkäuferschutz
weitere Berücksichtigungen, aber dennoch läuft auch das BGH-Urteil darauf
hinaus, den Kauf von Schrottimmobilien zum Geschäftsmodell für arglistige
Erwerber zu machen, indem der Kaufpreis für unmaßgeblich erklärt und der
fiktive Verkehrswert einer mangelfreien Immobilie zum Maßstab der Gewährleistung
gemacht wird.
Die absurde Folge daraus: Je tiefer jemand unter dem Verkehrswert verkauft,
desto mehr Schadensersatz riskiert er über die Kaufpreisrückerstattung
hinaus. Herzlichen Dank, lieber BGH:-), aber das schaut mir nicht nach
"Verkäuferschutz" aus.
M.E. müssen jetzt Verkäufer von Altimmobilien (besser aller Immobilien)
darauf bestehen, dass der Käufer vor Vertragsabschluss ein umfassendes
Bausachverständigengutachten einholt und dadurch seine im
Kaufpreisversprechen ausgedrückte Wertschätzung für das Kaufobjekt
substantiiert.
Bei vermieteten Kaufobjekten sollten auch die Mietverhältnisse sachverständig
begutachtet sein, so dass der Verkäufer auch wirklich nur noch für arglistig
verschwiegene Sach- und Rechtsmängel haftet. Ansonsten riskiert der Veräußerer
sein Vermögen sogar über den Kaufpreis hinaus.
Im notariellen Kaufvertrag muss es mindestens heißen: "Der Käufer hatte
ausgiebig Gelegenheit, sich der etwaigen Mängel des Kaufobjekts sachverständig
und umfassend zu vergewissern." - Aber auch solche Klausel genügt u.U.
nicht, denn in der BGH-Pressemitteilung heißt es: "Das
Prognoserisiko (ob sich die Sanierung lohnt) trägt der Verkäufer." Das
ist unglaublich, denn Altimmobilien zu verschenken, wäre sicherer. Dann aber
bitte nur noch an mich.
BGH-Pressemitteilung
Nr. 60/2014: Begrenzung
der Schadensersatzpflicht des Grundstücksverkäufers bei unverhältnismäßig
hohen Mängelbeseitigungskosten
Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass bei unverhältnismäßig
hohen Mängelbeseitigungskosten der Schadensersatzanspruch des Käufers eines
Grundstücks gegen den Verkäufer auf den Ersatz des mangelbedingten
Minderwerts des Grundstücks beschränkt ist.
In dem zugrunde liegenden Verfahren kaufte die Klägerin von den beiden
Beklagten ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von
260.000 €. Nach dessen Übergabe stellte die Klägerin fest, dass das Gebäude
mit echtem Hausschwamm befallen ist. Das Landgericht erließ ein Grundurteil,
wonach die Beklagten dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sind. Im
anschließenden Betragsverfahren wurden die Beklagten zur Zahlung von
Schadensersatz in Höhe von 89.129,86 € sowie von 45.000 € als Ausgleich
des nach der Schwammsanierung verbleibenden merkantilen Minderwerts
verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind,
auch den weitergehenden durch den Hausschwamm hervorgerufenen Schaden zu
ersetzen. Die Urteile sind rechtskräftig.
Nach der Durchführung weiterer Sanierungsmaßnahmen verlangt die Klägerin
von den Beklagten nunmehr den Ersatz eines weitergehenden Teilschadens in Höhe
von 499.728,86 € sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von
5.371,66 €. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Nach
Ansicht des Kammergerichts ist die Ersatzpflicht der Beklagten nicht begrenzt.
Bei der Prüfung, ob die Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind,
sei nicht von dem Kaufpreis, sondern von dem Verkehrswert des mangelfreien
Grundstücks auszugehen. Dieser liege bei (mindestens) 600.000 €, während
die Zahlungen, zu denen die Beklagten bislang verurteilt worden sind, sich auf
insgesamt 639.230,38 € beliefen und sie damit nur ca. 6% über dem
Verkehrswert lägen.
Der unter anderem für Verträge über Grundstücke zuständige V. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des
Kammergerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen. Grundsätzlich kann der Käufer von dem Verkäufer Ersatz
der zur Beseitigung eines Mangels erforderlichen Kosten verlangen. Sind die
zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten jedoch unverhältnismäßig, ist
zum Schutz des Verkäufers der Schadensersatzanspruch auf den mangelbedingten
Minderwert der Kaufsache beschränkt. Die Annahme der Unverhältnismäßigkeit
der Mängelbeseitigung bzw. der dafür erforderlichen Kosten setzt eine
umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls voraus. Bei Grundstückskaufverträgen
kann als erster Anhaltspunkt davon ausgegangen werden, dass Mängelbeseitigungskosten
unverhältnismäßig sind, wenn sie entweder den Verkehrswert des Grundstücks
in mangelfreiem Zustand oder 200% des mangelbedingten Minderwerts übersteigen.
Ausgehend von den Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach der Zeitwert
des Gesamtobjekts im Zustand des Befalls mit echtem Hausschwamm 507.202 €
beträgt und jener ohne Hausschwammbefall bei (mindestens) 600.000 € liegt,
kommt eine Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten ernsthaft in
Betracht. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts sind allerdings
nicht ausreichend. Für die weitere Sachbehandlung hat der Senat außerdem
darauf verwiesen, dass bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten
auf den Beginn der Mängelbeseitigung durch den Käufer abzustellen ist.
Stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass die Kosten höher als erwartet
sind, steht dies einer Ersatzpflicht nur entgegen, wenn ein wirtschaftlich
denkender Käufer die Arbeiten auch unter Berücksichtigung der bereits
angefallenen Kosten nicht fortführen würde oder fortgeführt hätte. Das
Prognoserisiko trägt der Verkäufer. Das
Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache – auch zur Behebung
weiterer Rechtsfehler bei der Feststellung der grundsätzlich erstattungsfähigen
Mängelbeseitigungskosten – zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen.
Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12
LG Berlin – Urteil vom 15. März 2011 – 5 O 464/09
Kammergericht – Urteil vom 22. Oktober 2012 – 20 U 92/11
Karlsruhe, den 4. April 2014
Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe
Weitere
Urteilskritik: Wenn der
Verkehrswert inklusive Hausschwamm auf "507.000 €" beziffert und
der Verkehrswert ohne Hausschwamm auf "mindestens 600.000 €"
vermutet wird, dann wäre die Wertdifferenz ein Sechstel und könnte
allenfalls einen "Schadensersatz" i.H.v. 44.000 € rechtfertigen,
denn um solch Sechstel könnten sich beide Vertragsparteien geirrt haben und
sollten folglich auch in solchem Verhältnis haften, aber auch das ist durch
den niedrigen Kaufpreis ("260.000 €") kontraindiziert.
- Die Außerachtlassung des Kaufpreises ist absurd, denn sie verwirft das Verhältnis
zwischen Leistung und Gegenleistung, entzieht die Geschäftsgrundlage.
- Die Vereinseitigung des allgemeinen Immobilienrisikos auf den Veräußerer
ist ebenfalls absurd, es sei denn, die Mängelfreiheit einer Altimmobilie wäre
ausdrücklich versprochen, aber das würden sich vermutlich nur Schwindler
trauen.
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