ZENTRALRAT DER JUDEN IN DEUTSCHLAND |
|
Sehr geehrter Herr Rabanus,
vielen Dank für die Übersendung einer Kopie Ihres Schreibens vom 15. Februar 1999 an den von mir verehrten Ministerpräsidenten a.D. Johannes Rau. Ihr darin gemachter Vorschlag ehrt mich sehr und ich weiß, welche Bedeutung es für einen Staatsbürger hat, zum ersten Bürger des Staates nominiert und vielleicht sogar gewählt zu werden. Meine Situation heute ist keine andere als die vor fünf Jahren. Abgesehen davon, dass ich persönlich nicht glaube die Qualifikation für dieses Staatsamt zu besitzen, würde es die Nation spalten, was bestimmt nicht im Interesse Deutschlands wäre. Ich will das auch nicht weiter vertiefen, zumal ich, wie eingangs erwähnt, mich für dieses Amt nicht für geeignet halte. Sie verweisen zu Recht auf die Geschichte des deutschen Judentums, in dessen Reihen es eine ganze Reihe von Persönlichkeiten gegeben hat, die eines solchen Amtes würdig und auch für ein solches Amt befähigt gewesen wären. Leider ist dieses deutsche Judentum, soweit es nicht emigriert ist, ermordet worden. Deren Namen sind uns allen geläufig und ich will sie hier nicht noch einmal aufführen. Im Nachkriegsdeutschland fällt mir außer Professor Herbert Weichmann, der aus der Emigration zurückgekehrt war, keiner ein. Das gleiche gilt für die Nachkriegsgeneration des deutschen Judentums. Möglicherweise wird sich in den kommenden Jahrzehnten ergeben, dass es wieder geeignete Persönlichkeiten unter den deutschen Juden geben wird. Noch ist dieses nicht der Fall, und alleine die Tatsache, jüdischen Glaubens zu sein, halte ich für nicht ausreichend. Ich darf Sie deshalb eindringlich bitten, diesen Gedanken nicht weiter zu verbreiten und es auf sich beruhen zu lassen. In einem Punkt stimme ich mit Ihnen voll überein. Ich halte Johannes Rau für eine Persönlichkeit, die alle Voraussetzungen, auch was das Verhältnis Christen/ Juden angeht, mitbringt, um das höchste Amt im Staate auszufüllen. Ich verbleibe mit herzlichen Grüßen Ignatz Bubis |
Anmerkung der Redaktion zum Schreiben von Ignatz Bubis: Wir haben die Kampagne damals eingestellt und wollten den Schriftwechsel erst nach der Bundespräsidentenwahl veröffentlichen. Wir beschlossen jedoch nach der sehr guten Rede von Rau, die Dokumentation auf einen unbestimmt späteren Zeitpunkt zu verschieben. Durch den Tod von Ignatz Bubis sehen wir uns nunmehr zur Veröffentlichung veranlasst und meinen, dass unsere Entscheidung nicht gegen den Willen des Verstorbenen steht. Berlin, August 99
|
Brief an Bubis: KLICK |
Brief von Bubis an uns: KLICK |
Brief an Rau: KLICK |
Brief von Rau an uns: KLICK |
Ignatz Bubis Nachruf 13. August 1999 |