Weltsicherheitspolitik


Hallo Falcon,

wenn Bush den Krieg gegen das Votum des UN-Sicherheitsrats beginnt, dann wäre das tatsächlich ein schwerwiegender Bruch des Völkerrechts. 
Aber das wäre durch nichts hindern und letztlich auch durch nichts effektiv zu bestrafen ohne die UN gleich mit zu zerstören.

Die UNO kann gegen Supermächte nur durch Resolutionen wirken. Das ist wenig, aber positiver als nichts.

Ein Ausschluss des undemokratischen China würde die Regierung eines Viertels der Menschheit ausschließen,
ein Ausschluss der Atommächte würde diese in ihrer Waffenrechtsanmaßung eher noch steigern anstatt die Kontrollen auszuweiten,
der Ausschluss einer militärisch Selbstjustiz übenden USA würde sie aus den omnilateralen Prozessen entkoppeln, was gerade einer Supermacht überhaupt nicht nachteilig erscheinen wird, denn gerade sie tut sich so erheblich leichter in einem Bilateralismus, in dem sie stets einzelnen Schwach-Staaten Gegenüber ist.

Ein Ausschluss der USA würde in allen Bereichen und auch zum Streitthema selbst zu einem viel stärkeren Bedeutungsverlust der UNO führen, als es durch die Abweichlerei Bushs & Blairs geschehen kann, denn was würde die Einstimmigkeit der UNO nutzen, wenn dort die Wichtigsten nicht mitstimmten? 

Also bitte festhalten: Die UNO ist wichtig, weil sie in ihrem Urteil Pro und Contra findet.

Das ist nicht das, worin sich die UNO nach meinen Vorstellungen erschöpfen dürfte, aber das ist positiver als nichts.

Die UNO ist kein Heiligen-Club, sondern eher ein diplomatischer Boxring. Wer würde hinschauen, wenn dort die Stärksten fehlten? 

Die UNO ist kein Heiligen-Club, sondern ein Tisch, an dem viele Sünder sitzen. Die Supermächte, allen voran die USA, sind wie Tischbeine: 

Sicherlich in unterschiedlicher Länge, was die Tischplatte schief stellt, was nicht nur ein Schönheitsfehler ist, sondern auch viel Suppe aus den Tellern verliert.

Der Völkerbund verlor dadurch an Bedeutung, dass ihm wichtige Staaten nicht angehörten oder ausgeschlossen wurden. 

Eine solche Entwicklung darf die UNO nicht wiederholen, denn das Erfordernis zur Diplomatie ist permanent, von eigener und prinzipieller Bedeutung für die Sicherheitsarchitektur und in seiner globalen Institutionalisiertheit, die eine UNO für die Diplomatie gewährleistet, durch absolut nichts ersetzbar.

Die UN-Charta sieht zwar den Rauswurf vor, aber darin irrt sie wie auch in manch anderem. Das liegt daran, dass sie aus einer Kriegs-Allianz entstand. Deshalb unterschätzt sie die Diplomatie in Relation zur Sanktion, für die sie dann entgegen anderer Artikel ihrer Charta kaum supernationale Instrumentarien entwickelte, die den nationalen Potentialen gewachsen wären.

But world is always under construction und so auch die UN und das Völkerrecht, aber verwechsle das niemand mit einem Verein, einer Allianz, sondern eher mit dem Dialog hier, der langweilend wäre, würden nicht hin und wieder Gegenpositionen auftauchen und streiten. Auch die Architektur des Dialogs, auf den die UN gegenwärtig leider noch beschränkt ist, braucht neue Selbstverständnisse: sich gegenseitig zuhörend, beschränkend, aber nicht vernichtend. 

Die UNO braucht auf Dauer mehr Ebenen:

UN-Sicherheitsrat als Quasi-Regierung mit einem UN-Generalsekretär, der zumindest den Veto-Mächten gleichgestellt ist,

UN-Vollversammlung als Quasi-Bundesrat, denn das ist er bei näherem Besehen als Club der Regierungen,

UN-Parlament mit Weltvertretern, die nach einheitlichem System aus freien Wahlen hervorgehen. Das gibt es zwar noch nicht, aber niemand sollte uns Glauben machen, dass sich die Menschheitsinteressen adäquat artikulieren könnten, solange sich politische Gremien das fundamentalste aller Demokratieprinzipien missachten: One Man One Vote.

Doch daran haben unsere nationalen Regierungen kein Interesse, denn ihnen ist es anstrengend genug, sich im eigenen Land zu behaupten und so werden sie sich nicht von ringsum die zusätzliche Legitimationsfrage stellen lassen wollen.

Trotzdem wird die Menschheit dahin genügend Drang entwickeln.

Falcon, vergiss mal, dass Bush "Ami" ist. Bush will nichts anderes, als sich manch Trödel auch in unserer Republik erträumt: Baller, Baller und die Welt ist schön :-) 
Solche Revolver-Junkies können wir nun nicht sämtlich entwaffnen, bekehren oder in eine stabile Umlaufbahn schießen, sondern müssen ihrer gegenwärtig die demokratische Ersetzung betreiben.

Mir fallen auf Anhieb amerikanische Freunde ein, die einfallsreicher sind als Bush, was die Bekämpfung des Terrorismus anbelangt, aber in einem sind wir eben alle nicht gut genug: 

Wenn es um die Macht geht, dann lassen wir sie den anderen, weil uns überhaupt nichts einfällt, wie wir werden könnten, was wir wollen, ohne am Ende jeden Mist mitzumachen, um zu sein, was wir jetzt kritisieren.

Grüße von Sven

UN bzw. UNO Zeittafel und Inhaltsübersicht

Hallo Falcon,

ich rechne damit, dass Bush Krieg machen wird, denn die militärische Schwäche und weitere Schwächung infolge der Blix-Forderungen scheinen ihm nicht zu genügen. Er will vermutlich seinen Vater toppen und einen Irak ohne Saddam Hussein.
Ob dafür die Beseitigung des Hussein-Regimes ausreicht, ist mir so ungewiss wie es sich auch nach dem schnellen "Sieg" über das Taliban-Regime zeigte, dessen Umkehrung zumindest so wahrscheinlich ist, dass die Niederlande und Deutschland über die Evakuierung ihrer Soldaten beraten. 

In den letzten Tagen führte ich einige Gespräche mit Leuten aus dem Mittleren Osten. Die Erwartungen widersprechen einander. Teilweise wird damit gerechnet, dass Hussein ins Exil gehe und in letzter Sekunde den Krieg abwende, dass er von seiner direkten Umgebung ermordet werde. Der Krieg sei schneller gewonnen als in Afghanistan, werde länger dauern, wenn Hussein alle militärischen Kräfte auf Bagdad konzentriere usw.

Was die irakischen Truppen zur Zeit treiben, ist jedenfalls nicht Gegenstand der Nachrichten und auch die übrigen Mutmaßungen können mir nicht aufhellen, was passieren wird, wenn die Kriegsmaschinerie loslegt.

Einzig sicher scheint mir, dass auf die Zivilbevölkerung Bagdads bei Aktivierung bisher bekannt gewordener US-Angriffsplanung enorme Verluste erleiden wird. Aufgrund der relativen Zielgenauigkeit weniger durch die Luftangriffe unmittelbar, aber durch den Zusammenbruch der Infrastruktur, der Wasser- und Energieversorgung.

Unklar sind mir die enormen Truppenkonzentrationen, ein Vorrücken von geplant 62.000 US-Soldaten, die erst noch in der Türkei stationiert werden, dann von Norden in den Irak einfallen und vorrücken sollen, ehe dann etwa 50.000 türkische Soldaten hinterher marschieren, um einen Kurdenstaat im Nordirak zu verhindern und möglicherweise in Besitz von nordöstlichen Ölfeldern zu gelangen, von denen türkische Spitzenpolitiker in den letzten Tagen immer wieder sagten, dass sie auf keinen Fall unter kurdische Kontrolle geraten dürften.

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