Täterperspektive, Opferperspektive und Alternative
ich könnte Dich mit Leuten in Gefängnissen machen, die richtig böses Zeug anrichteten -
und je mehr Du sie kennenlernst,
desto besser wirst Du verstehen,
"warum sie so wurden".
Du wirst in Betrügern, Räubern und Mördern "sympathische" Menschen sehen,
Du wirst mit ihnen "Mitleid" bekommen,
dass sie Leid anrichteten,
Du wirst wollen, dass sie eine "zweite Chance" bekommen,
Du wirst als freier Mensch durch den freiwilligen Umgang mit Sträflingen die Strafe für etwas Trauriges halten, während sie doch vielfach für den entfernten Betrachter "Genugtuung" ist.
Und da wird bei Dir auch keine "Übersättigung" eintreten, sondern je mehr Du in den Menschen hineinschaust, desto mehr wird er Teil von Dir.
Das Gegenteil dieser "Täterperspektive" ist die "Opferperspektive":
Du würdest die Verletztheit verstehen,
das Opferleid teilen,
Du würdest die Wiedergutmachung verlangen und je weniger diese möglich ist,
desto mehr in Vergeltung nach Ruhe suchen.
Auch hierbei gibt es keine "Übersättigung", sondern "Hineinsteigerung", denn je mehr Du Dich mit dem Opfer befasst, desto mehr wird das Opfer Teil von Dir und desto radikaler wird der Drang gegen den Täter.
Weder die Täterperspektive noch die Opferperspektive löst den Gerechtigkeitskonflikt.
Diese Perspektiven sind "Gegensätze", "Umkehrungen", aber keine "Alternativen".
Die alternative Position beschreibt sich aus der möglichst gleichen Nähe zu der am Konflikt Beteiligten und sucht ihnen eine Nähe zu ermöglichen, in der sie den Konflikt aufarbeiten können. Eine Art "Mediation". Entsprechendes fordere ich für den Strafprozess und den Strafvollzug.