NS-Verbrecher Oskar Gröning
@Samuel, hatte dieser Mörder "ein feines Leben"?
Vergleichsweise mit den Opfern allemal. Aber wie "fein" wäre es dir oder mir mit solcher Vergangenheit?
Es gibt mindestens zwei Tendenzen, mit persönlich begangenen Verbrechen (und Fehlern) umzugehen - in jedem Menschen.
Die eine davon ist Verklärung "Alles war richtig, musste sein" usw.
Solche Verbrecher vermögen dann womöglich ein feines Leben führen, allenfalls noch fürchten, belangt zu werden.
Die andere Tendenz wäre das schlechte Gewissen, nicht für Untaten einstehen zu können, es auch nicht zu versuchen. Und ebenfalls zu fürchten, entdeckt, in die Haftung genommen zu werden. Das kann die Lebensfreude schon ziemlich eintrüben.
Zusätzlich sei dann doch noch eine dritte Variante genannt, womöglich die verbreitetste Tendenz, dass verdrängt wird.
Das machen nicht nur viele Opfer, sondern auch viele Täter.
Bei Oskar Gröning halte ich immerhin für möglich, dass er seelisch litt, denn sein - wenngleich spätes - Geständnis steht zumindest nicht dagegen, wie es bei anderen NS-Mördern vor Gericht die Regel war.
Sein Geständnis ist zu wichtig, um es jetzt kleiner zu reden als es ist.
Und ich bin ihm dafür "dankbar". - Das allerdings mag jeder halten, wie er kann.
Markus S. Rabanus 2015-04-22 (FB-Debatte)
Richtig, @Hans, denn wir können nicht in die Köpfe schauen. Deshalb ziehe im Politischen wie im Unternehmerischen und Privaten prinzipiell den Worst Case in Betracht, aber ohne mich oder jemanden darauf festzulegen.
In jedem vernünftigen Strafprozess werden wir Geständnisse und Reue gut heißen, auch wenn wir nicht sicher sein können, dass sie nur geheuchelt sind. Dazu gibt es keine vernünftige Alternative.
Das Juristische ist glücklicherweise nicht immer "neben" dem Moralischen, sondern oft Ausdruck gesellschaftlicher Moral. Die ist oft im Streit - und häufig unvermeidlich mit persönlicher Befangenheit.
Darum schrieb ich viel ernster gemeint als es nach bloßer Beliebigkeit klingt - in Bezug auf die Dankbarkeit: "Das allerdings mag jeder halten, wie er kann."
Wichtig ist, dass die Gnädigeren und Ungnädigeren die unterschiedlichen Sichtweisen und Argumente wenigstens vernünftig zur Kenntnis nehmen - und sich nicht suhlen in unwidersprochen vermeintlich besserer Entschiedenheit.
Hintergrund >> http://de.wikipedia.org/wiki/Oskar_Gröning