Konvertiten = wer das religiöse Bekenntnis wechselt.
Konvertiten merken oft nicht, dass die Unterschiede in der eigenen Religion viel größer sind als zu anderen
Markus S. Rabanus 2022-03-30 >> FB-Forum SaulusPaulus
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Die meisten Religiösen glauben, was ihnen von
Geburt an eingetrichtert wird.
Die meisten Religiösen sind quasi "Nesthocker-Religiösen" =
ausdrücklich nett gemeint.
Aber der Nesthocker-Glauben ist Zufall.
Nur glauben Religiöse so ungern an Zufälle, als sei der Zufall ein Übel und
nicht oft großes Glück, als sei der Zufall unmöglich, weil alles gottgewollt,
als sei dann nicht auch das Übel gottgewollt, als sei dann Gott noch
anbetungswürdig. - Schwierig. Für viele zu schwierig.
Wenn Religionsgemeinschaften kritisches Reflektieren zur eigenen Religion
anbieten, so meist zu dem Zweck, die Kritik zu zerstreuen und den Glauben an die
einzigartige Richtigkeit der eigenen Religionsgemeinschaft zu festigen.
Anderenfalls könnte ja passieren - und es passiert trotzdem oft, dass sich der
Glaube erledigt.
Oder es kann passieren, dass jemandem eine andere Religion begegnet und
glaubwürdiger scheint. Auch das passiert sehr oft und desto öfter, je mehr
Menschen unterschiedlichen Glaubens miteinander leben.
Konvertiten könnten religiöse
Friedensstifter sein !
1. Denn sie wissen doch aus sich selbst, dass die Andersgläubigen
"Andersgläubige" sind und eben keine "Ungläubigen".
2. Denn sie kennen sich gewöhnlich besser als die Nesthocker-Religiösen in
zwei Religionen aus und könnten vermitteln, wo es an gegenseitigem Kennen und
Verständnis fehlt.
ABER
häufig passiert das Gegenteil, dass Konvertiten gegenüber ihrem früheren
Glauben ungnädiger als die Nesthocker-Religiösen gegen andere Religionen
sind.
Das hat Gründe.
>> Oft erleiden Konvertiten üble Nachrede seitens der verlassenen
Religionsgemeinschaft, wenn es beispielsweise heißt, er habe "vermutlich
nie richtig verstanden und nie richtig geglaubt", was total falsch und
verleumdend oder auch stimmen kann. - Ich lernte beides kennen.
.
>> Oft erleiden Konvertiten Misstrauen ihrer neuen Religionsgemeinschaft,
die solch Übertritt zwar für ein Zeichen der Überlegenheit ihres Glaubens
halten, aber Konvertiten stärker misstrauen als den Nesthocker-Gläubigen. -
Ich misstraute eher denjenigen, die bloß glaubten, was man sie lehrte und
nichts anderes glauben konnten, weil sie sich nicht dafür interessierten, was
andere lernten.
Ein Beispiel: Dem vom Christentum zum
Salafismus konvertierten Profiboxer Pierre Vogel
wird nachgesagt, er habe den Box-Sport als mit dem Islam unvereinbar
aufgegeben.
Ja, das scheint mir plausibel, aber dann fragt sich, wie ihm früher der
Box-Sport mit dem Christentum vereinbar gewesen sein kann, wenn ihm in Jesu
Nachfolge gegolten hätte, dem schlagenden Gegner die zweite Wange
hinzuhalten?
Mit solch christlicher Kampftaktik hätte er gewiss nie dt. Juniorenmeister
werden können, denn das Punktesystem verlangt anderes Vorgehen. Darum ist doch
schade, wenn so ein religiöser Vogel heute nicht einfach sagt: "Mir wurde
leider erst als Muslim bewusst, was ich schon als Christ hätte kapieren
müssen, denn Jesus hatte es ausdrücklich geboten." - Aber dass er als
Christ zwischen christlichen Geboten und Verboten nicht religionsrichtig zu
unterscheiden verstand, mag ich ihm aus zu vermutenden Gründen seines
Elternhauses und Jugend gar nicht verdenken. Nur müsste er eben auch das sagen,
denn sein miteiferndes Publikum ist jung und vor der jugendlichen Unreife zu
warnen.
Mir scheint es wie in so vielen Kontexten: Auch Mutanten haben Konstanten. -
Desgleichen scheint in Pierre Vogel geblieben, was er war: Ein Christenkritiker
wie ein Profi-Boxkämpfer, der sich den Erfolg daraus zu machen versucht, im
Boxkampf der Religionen auf die schwächsten Stellen des Christentums zu zielen
und die eigenen Schwachstellen des Salafismus möglichst so zu decken, dass sie
niemand bemerke, denn das würde ihn seine christlich ungebildete
Anhängerschaft kosten, die sich wie er über Differenzen selbstzufriedener
identifiziert als über Gemeinsamkeiten mit anderen Religionen.
So jedenfalls mein Eindruck von einem seiner Youtube-Videos, in dem sich Pierre
Vogel über das Christentum lustig machte, aber predigte, es in den dümmsten
Anstatt zwischen Salafisten und Christen Frieden zu stiften, befleißigt sich
Pierre Vogel in Youtube-Videos mit einer Kritik am Christentum, wie sie den
dümmsten christlichen Anschauungen eigen sind, nicht aber den gescheiteren. -
Mag sein, dass Pierre Vogel zur Besinnung kommt, ob nun zu religiöser oder
allgemeinerer Vernunft, aber in Videos vor 2014 war es nicht der Fall.
Desgleichen lässt sich mit Konvertiten anderer Glaubensrichtungen beobachten,
wie es auch Raucher gibt, die zu Nichtrauchern wurden und dann nach verqualmten
Jahren kein Räuchlein mehr ertragen.
Für all lohnt durchaus Verständnis, aber auch Mahnung zur Besonnenheit &
Aufrichtigkeit in eigener Biographie.
Jedenfalls haben es Konvertiten schwerer als Nesthocker-Religiöse und sehen
sich oft in der Not, besonders eifrige Lobbyisten ihres Religionswechsels sein
zu müssen, indem sie ihre vorherige Religion übertrieben kritisieren, wobei es
oft Kritik ist, die auf das neue Bekenntnis ähnlich zutrifft, z.B.
Marien-Verehrung, Propheten-Verehrung. Aber es geht in religiösen Belangen eben
oft nicht um Logik, sondern um eine Loyalität, die sich daran ergötzt, dass
sie "aus dem Herzen" sei, als sei der Verstand etwas Schlechteres
& nicht das Zentralorgan auch der Religiösen.
Dieser Text soll keine Geißel gegen Konvertiten
sein, denn wie gesagt, mir bezeugt der Bekenntniswechsel mehr Denken &
Willen des Menschen als es bei Nesthocker-Religiösen zu vermuten ist. Mein Text
ist eher ein Wunsch an alle, die Konvertiten in einer Weise zu fordern, wie
Konvertiten möglicher ist, zwischen Religionen das Positive und Gemeinsame zu
vermitteln und nicht die Rivalität zu vertiefen.
Markus S. Rabanus 2015-11-19
ps: In gewissem Sinne bin auch ich "Konvertit", denn religiös erzogen, dann ins Kommunistische entflogen & heute Naturalist, Pazifist & viele Überzeugungen, die sich wandeln können.
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Es ist leider keine Seltenheit, dass Konvertiten
zu Extremen neigen, um der neuen Gemeinschaft besonders "glaubwürdig"
zu sein, aber das tut ihnen keinen Gefallen.
Bilderstürmerei führt zur Verdrängung, aber ist keine Aufarbeitung, wie sie
dort vor Ort gelungen ist.
Markus S. Rabanus 2022-06-15 zum Prozess um die antisemitische
Schmähplastik "Judensau" an der Wittenberger Stadtkirche