Katalanischer Separatismus
OFFENER-BRIEF.de
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Axel Schönberger,
der erste Satz Ihrer Petition lautet: "Katalonien ist die größte europäische Nation ohne eigenen Staat."
Frage an Sie: Wer wäre Ihnen die zweitgrößte,
drittgrößte, siebtgrößte "Nation ohne eigenen Staat"?
In Betracht von rund 6.500 Muttersprachen hätten wir auf unserem Globus eine
Menge neuer Grenzen zu ziehen, wenn ein monokultur-völkisches
Staatsverständnis richtig wäre.
Ihr zweiter Satz: "Die Katalanen blicken stolz auf eine mehr als
tausendjährige Geschichte zurück."
Tun das "die Katalanen"? Es gibt auch andere. Und vermutlich möchte kaum jemand in die Zeiten der Erbfolgekriege zurück, die nun für die Abspaltung herhalten.
Brächte es bspw. die Lausitz voran, wenn die
Sorben einen eigenen Nationalstaat errichten?
Auch die Sorben "blicken stolz auf eine mehr als tausendjährige Geschichte
zurück". Das sorbische Herrschaftsgebiet reichte mitunter von der Ostsee
bis ans Mittelmeer, war um ein Vielfaches größer als den Katalanen je
vergönnt, aber nicht zuletzt wegen innersorbischer Rivalitäten kam man über
gelegentlich erfolgreiche Raubzüge ins Thüringische nicht hinaus und verpasste
organisatorisch, was dann die anderen "Nationen" Europas ganz, ganz
"stolz" jahrhundertelang mit Kriegen an Grenzen zogen oder verschoben.
Ihr dritter Satz: "Ihre großartige Literatur und Kultur ist
wesentlicher Teil Europas."
Großartige Literatur ist selten an bloß eine Sprache gekettet und war in allen mir bekannten Fällen eher Argument gegen nationalistische Kleinkariertheit.
Desweiteren behaupten Sie: "Das Recht auf freie, friedliche und demokratische Selbstbestimmung einer Nation steht über den rechtlichen Schranken eines Staates, ..."
Für jede Gruppe von Menschen kann sich politisch
nicht grundsätzlich anderes bewähren als es sich für jeden einzelnen Menschen
bewährt:
So verwirklicht sich auch Ihr Menschenrecht auf freie, friedliche und
demokratische Selbstbestimmung in politischen Belangen als Mitbestimmungsrecht
und steht nicht "über den rechtlichen Schranken des Staates" bzw.
nicht über der gemeinsamen Rechtsordnung.
Nur wenn eine Rechtsordnung die Selbstbestimmung in Ausübung der Mitbestimmung verwehrt oder gegenüber anderen Rechtsordnungsmitgliedern benachteiligt, wäre sie verkehrt und müsste überwunden werden.
Vielleicht mögen Sie sich der Termini "Selbstbestimmung" und "Demokratie" bei Kollegen der Staatsrechtslehre und Politologie vergewissern, wenngleich auch Ihnen als Sprachwissenschaftler bewusst sein kann, dass Sprache zuförderst der Verständigung dient und weniger dem Bau von Barrieren.
Desweiteren behaupten Sie: "... (der spanische) Staat, der
Millionen von Menschen (Katalanen), die sich in und von ihm als Bürgerinnen und
Bürger zweiter Klasse behandelt fühlen, seine Rechtsordnung aufzwingen
will."
"Zweiter Klasse"? Welche politischen oder kulturellen Rechte hat der gewöhnliche Madrider dem gewöhnlichen Barceloner voraus?
Inzwischen erfreut sich Ihre Petition zwar massenhafter Unterstützung, aber wahre Größe erfreut sich großen Zuspruchs nur dann, wenn für die richtige Sache.
Die völkische Zerfledderung unseres Kontinents
fördert weder die Freiheit, den Frieden noch die Selbstbestimmung und wäre der
Welt wieder einmal schlechtes Vorbild.
Vielmehr kommt es darauf an, den vielen gemeinsamen Anforderungen
gemeinschaftlichere Ordnung zu schaffen und menschenrechtlich statt völkisch
Fortschritt zu machen.
Seien Sie so nett und überschlafen diese Kritik. Man lernt nie aus. Und man ziehe auch Schlüsse daraus. Es wäre folgerichtig, wenn Sie Ihre Petition gut begründet widerrufen.
Mit weltbürgerlicheren Grüßen,
Markus Sebastian Rabanus / Berlin, 31.10.2017
Schönbergers Petition >> https://www.change.org/u/801216802 inzwischen 40.700 Unterstützer
Spanien Katalonien
Separatismus Selbstbestimmungsrecht
Zwergstaaten Europäische Union