Islamkritik oder Feindseligkeit u. Bekleidungsvorschriften
Bernhard hat folgendes geschrieben: Du kannst dir deinen Privat-Islam zusammenzimmern 

Hallo Bernhard, mal wirfst Du mir vor, meine Islam-Darstellung seien Fanatikern aufgesessen, jetzt wirfst Du mir vor, es sei mein Privat-Islam. Dass es beiden Vorwürfen zum Trotz um Anforderungen an den Islam geht, die sich allgemein aus den Menschenrechten, aber auch aus dem Koran fundieren lassen, magst Du nicht zuzugestehen, denn als Technik des interkulturellen Dialogs sollte es Dir einleuchten, gerade weil die Probleme real sind und Religionsverbote keine Option der Vernunft und Menschenrechtlichkeit.

Möglicherweise fehlt es Dir an eigener religiöser Erfahrung, was kein Fehler wäre, aber ein Fehler ist, wenn Du religiöse Bindungen unterschätzt, sie dem Reich der Beliebigkeiten zurechnest und glaubst, sie ohne Aufmerksamkeit für Gutes kritisieren zu dürfen. So verkommt Deine Islam-Kritik zu haltloser Religionsbeschimpfung, die keinerlei Lösungsperspektive bietet.
Allein in Phantasiewelten und Computerspielen kann solche Herangehensweise überleben, aber würde schon beim Gang in den nächsten Imbiss scheitern, wenn Du dort auf Leute triffst, die auf Deine Weise umgekehrt denken und handeln. Das wirst Du zumindest ahnen und wiederum heucheln, weil Du weißt, dass sich Deine Denkweise zur Wahrung oder gar Förderung des Zivilen nicht bewahrheiten kann. Jedes Zusammenleben gebietet Respekt und Realismus, wenn es nicht verbluten will. Nur Narren leuchtet das nicht ein - oder sie tun halt nur so.

Bernhard hat folgendes geschrieben: Dein tiefsitzender Denkfehler, der dich immer wieder irren lässt in der Anschauung, man müsse die Wahrheit nur weit genug verbiegen, ... 

Sei nicht unverschämt, mir Wahrheitverbiegung zu unterstellen, als sei die Anforderungsqualität zu übersehen und nicht jede Weltanschauung dem Streit des Zeitgeistes unterworfen.

Bernhard hat folgendes geschrieben: um deine Art des "Friedens" zu erreichen, ... 

Immerhin gab ich Dir einen Link, der "Friede sei mit Dir" definierte. Wenn Dir solche "Art des Friedens" nicht passt, müsstest Du Besseres aufbieten.

Bernhard hat folgendes geschrieben: Zeig uns, dass du nicht gänzlich ins Psychotische abgedriftet bist ... 

Wer ist "uns"? Sei artig und mehre Dich nicht über das hinaus, was Du aus eigenen Lenden oder Abstimmungen nachweisen kannst.

Bernhard hat folgendes geschrieben: Wie war es mit den Feldzügen und Kriegen des Mohammed und gib uns ein Beispiel wo er "keinen Zwang in der Religion" übte. 

So wenig Dich seliger machte, wenn ich Dir die Sure 2:256 zitierte, so wird Dich kaum seliger machen, wenn ich Dir die Lichtblicke des Vertrags von Medina zitiere, denn auch da sind Schatten und allein die interessieren Dich. Genau das ist die Realitätsausblendung, die mit "Feindseligkeit" etwas unzutreffend auf den Begriff gebracht wird, denn Feindschaft macht nicht selig, sondern psychotisiert Verhältnisse und Intellekte.

Bernhard hat folgendes geschrieben: Welche Teil seiner Biographie lässt dich glauben, Mohammed hätte gegenüber den oben erwähnten Frauen Milde geübt? 

Deine Umgebung kann sich glücklich schätzen, dass Du kein Muslim bist, denn Deine Suren-Auswahl würde Dich Frauen schlagen lassen, Ungläubige metzeln usw., wie es auch diejenigen möchten, die von sich glauben, ohne Schuld zu sein und deshalb den ersten Stein werfen zu dürfen.

Aber es gibt genug Suren für Milde, mehr Geschlechtergerechtigkeit und oft genug im historischen Kontext der Umgebung voraus, auch wenn die Frau "eine Stufe tiefer" als der Mann gestellt blieb, wie es schon nicht nur bei Paulus hieß - und vielen bis heute gilt, als sei bei Paulus nicht auch anderes und jedem Christen frei, seinen Glauben zugunsten der Gerechtigkeit zu ordnen.
Aber der Kampf um Gerechtigkeit oder Freiheit lohnt eben nicht jeden Preis, und desto weniger, wenn diejenigen, um die es geht, es nicht als Befreiung auffassen. So nahm meine christliche Mutter noch zu Beginn der Siebziger im Glauben brav an, dass die Minderrechte der Frau göttlicher Wille sei, Genesis 3.16 usw., doch der Wandel der Gesellschaft ging auch an ihr nicht vorbei - und veränderte den Glauben, eben die Wertigkeit einzelner Verse im Kontext und damit den Kontext im Ganzen.

So ist das Leben, so auch der Glaube, in der Brauchbarkeit nur selten dem Zeitgeist voraus, denn Rückgriff auf Altes fällt allemal leichter.

Bernhard hat folgendes geschrieben: Wie geht die muslimische Theologie um mit den Widersprüchen im Koran, mit Suren wie der von dir zitierten ... 

Der Islam ist ohne Einheitlichkeit, wie Du weißt. Und ob es Widersprüche sind, wie sie mir zahlreich und evident erscheinen, bleibt dennoch ein Ding der Auslegung, die Du als "Verbiegung" abtust, aber dem Grunde (=Motiv oder Gebot) nach harmonisierbar sind, wozu sich nahezu jeder Gläubige verpflichtet sieht, denn die Wertung als Widerspruch könnte der "Gotteslästerung" verdächtig sein. Dir wäre das vielleicht nicht wichtig, aber Religiösen ist es das mitunter sehr.

Indes ist die Harmonisierung von Widersprüchlichem theologisch und teleologisch (=Sinn, Zweck) für Vernünftige keine Sonderlichkeit, weil alltägliches Erfordernis und setzt zweierlei Annahmen voraus: 1. eine scheinbare oder tatsächliche Widersprüchlichkeit, 2. dass sie nicht antagonistisch sei.
So lernt der Jurist die "verfassungskonforme Auslegung" von Normen, die der Verfassungswidrigkeit verdächtig, aber vom dafür zuständigen Gericht nicht verworfen sind. So verhältst Du Dich und jeder spontan Gescheite im Falle der Unvermeidlichkeit von Konflikten und falls sie nicht zum bloß eigenen Vorteil auszufechten sind.

Wenn Du den Umgang von Muslimen mit solchen Suren ergründen willst, gehe auf Muslime zu und frage sie. Erscheint Dir die Antwort unzulänglich für den Alltag, so kritisiere sie und mache ihnen Verbesserungsvorschläge.

Wenn Du stattdessen mich fragst, dann nimm die Antwort zur Kenntnis, die Du Du ohnehin erahnen kannst, dass der gewöhnliche Umgang mit koranischen Geboten zur religiösen Toleranz nicht verschieden zum Umgang von Christen mit dem Gebot der Feindesliebe ist >> Einige nehmen es von sich aus ernster, andere weniger, je weniger man es solchen Leuten vor Augen hält und für das praktische Leben bedeutend macht
Jeder kann das, prinzipiell, aber persönlich oft grad so gut, wie er glaubwürdig ist, nur zu verlangen, was er selbst zu gewähren bereit ist. Und viele ändern sich erst unter dem Druck der Verhältnisse, obwohl sie es entweder viel früher verstanden oder aber nie verstehen.

Bernhard hat folgendes geschrieben: und den (zahlenmäßig viel häufigeren), die zu Gewalt gegen "Ungläubige" aufrufen? 

Du bist für solch "zahlenmäßigen" Überblick nicht gerade zu beneiden, und es macht Deine Energie verständlicher, aber erwarte nicht, dass ich Dir solch Spinnerei bestätigen kann, denn mir sind Muslime nicht ungeheuerlicher als Christen, Juden, Hindus, Buddhisten, Konfuzianer oder Atheisten, weil ich Martins frühere Äußerung zum Fundamentalismus für richtig halte und verallgemeinere, somit jeglichen Antipluralismus als "kommunizierende Röhren" erlebe.

Bernhard hat folgendes geschrieben: Und was mich am meisten interessiert: Glaubst du wirklich, dass wir die Schwierigkeiten innerhalb der islamischen Welt und zwischen jener und dem Rest der Welt durch Wegschauen, Leugnen, Verdrehen der Wahrheit in den Griff bekommen? 

Du redest, als sei meine Kritik am Sudan und den Peitschenhieben nicht Auftakt dieser Debatte gewesen. Dich interessiert die Besserung nicht, sondern einzig die Blamage der Muslime.

Und darin verkennst Du den Kulturkreis, dessen Früchte Du genießen darfst, aber ich kann Dir davon erzählen, was Deine Eltern wahrscheinlich nicht können, weil die Horizonte auch in unserer Gesellschaft verschiedener sind als sie sollten: Auf einem der konservativsten Internate Deutschlands wurden endlich auch Mädchen zugelassen, wenngleich zum gemeinsamen Leidwesen nur als Tagesschülerinnen.

Einige Mädchen kamen mit Hosen. Der Internatsleiter peitschte zum Mädchenglück "nur Jungen", aber die Mädchen wies er an, künftig Röcke zu tragen. Und er war gewiss kein Muslim. Indes waren die Mädchen selbstbewusste Töchter von Leittieren der Gesellschaft, die auch nicht zu knapp das Internat zahlten. Rasch stimmten sich die Mädchen ab und kamen am nächsten Tag sämtlich mit Miniröcken.
Es war ein Desaster, denn viele Jungs auf dem Internat waren solcher Anblicke bis dahin wenig verwöhnt und stierten sich nun die Augen aus, mehr aus den roten Hormonbacken als aus der Stirn. Der Internatschef tobte, aber kein Zweifel, denn die Eltern der Mädchen gaben ihm zu verstehen, mit solch antiquierten Bekleidungsvorschriften kann es für ihn über die Jahre besehen um Millionen gehen. Fortan durften die Mädchen Hosen tragen. - Und er hätte sie so gern wie die Jungen geschlagen, was damals noch kaum Aufsehen machte. Das war nicht 1580 oder 1935, sondern 1976.

Gegen solche Gesellschaft waren die 68er schon eine Weile unterwegs. Einige von ihnen glaubten, die Gesellschaft bomben zu dürfen und irrten auf mörderische Weise.

Was damals Irrtum war, kann deshalb heute nur noch dümmer sein, wenn wir anderen die Peitschenhiebe registrieren und kritisieren, als dürften wir die eigenen vor so wenigen Jahren leugnen

Sven2009             

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