Friedenskonferenz München
16.-18.Feb.2018 - Friedenskonferenz München
In Facebook der DFG/VK werde ich mir nachstehenden Kommentar nicht verkneifen, wenn Ihr mir nicht abratet:
Lieber Clemens Ronnefeldt,
WIR müssen "miteinander reden":
Die Webseite der "Friedenskonferenz München" lässt bislang ein Ergebnisprotokoll vermissen. Ein Bericht in der SZ beschäftigt sich leider nicht mit den im Konferenz-Manifest unter 6. erörterten UNO-Sicherheitskräften, sondern titelt: "Lehrer und Pflegekräfte sind wichtiger als Waffen". - Hmm, Brot, Wasser, heiles Dach über dem Kopf sicherlich auch, was niemandem sonderlich neue Erkenntnis ist.
"Miteinander reden" sei der Ansatz. - Die in meinen Häusern untergebrachten syrischen und jesidischen Flüchtlinge werden von solchem Tipp wenig halten, denn als der IS anmarschierte, war die Flucht sinniger, weil die "Gotteskrieger" nicht kamen, um zu diskutieren.
"In einigen syrischen Dörfern sei es gelungen, friedliche Strukturen durch Dialog herzustellen". Wenn diese "Friedensinseln" nun vernetzt würden, könne ein "ganzes Stabilitätszentrum geschaffen" werden, hoffe die Zitierte, aber welche Dörfer gemeint sind und wer dort mit wem welche Argumente so erfolgreich auszutauschen wusste - und welcher Art die friedlichen Strukturen sind, erschließt sich aus dem Artikel nicht ansatzweise.
Mir klingt es wie "Republik Freies Wendland", aber nicht nach syrischer Realität, zumal sich fragt, ob es denn auch Assad, Erdogan, Putin und Brüssel gefällt, um den "Friedensinseln" keine Bomber zu schicken, sondern "Lehrer und Pflegekräfte".
Naja, vielleicht werden präzisere Konferenzberichte nachgereicht. Aus Perspektive von Geschichte und Friedensforschung enden Kriege und Bürgerkriege jedenfalls nicht, weil die Bevölkerung zur Einsicht gelange, dass "Miteinander reden" besser sei als einander zu morden, sondern weil sich kriegerische Kräfte erschöpfen oder eine Konfliktpartei kapituliert - und/oder weil von dritter Seite Frieden moderiert und diktiert wird.
Genau daran fehlt es noch immer z.B. in Syrien. Und solange wird Krieg sein. Und immer wieder, so oft kriegerischen Kräften Leine gelassen wird - mit Aussicht auf Erfolg, durch Gewalt zu gewinnen und behalten zu dürfen, was durch "Miteinander reden" nicht zu erringen wäre.
Solange sich die Friedensbewegung vorgaukelt, dass die Friedfertigkeit Basis des Friedens sei, ignoriert sie das Wesen des Krieges, namentlich die Austragung von Rivalitäten im Wege der Selbstjustiz mit militärischen Mitteln.
Dem Kriegerischen hat die bloße Friedfertigkeit
so wenig entgegen zu setzen, wie der freundliche Bankangestellte gegenüber dem
Bankräuber.
Und jeder Friedfertige weiß das, weshalb sich nach der Konzeptaufrichtigkeit
fragt, wie sie nur christlichen Friedensfreunden zugestanden werden dürfte,
dann jedoch als Jesuismus statt Pazifismus - und man gebe den Mantel dem
geraubten Rock hinzu.
Alle Achtung vor christlicher Haltung, aber sie mag sich nur leisten, wem das
Hoffen auf Paradiese im Jenseits wichtiger ist als Hab, Gut und Leben.
Deshalb kritisiere ich es scharf, die
Friedfertigkeit als "Pazifismus" zu bezeichnen, denn Pazifismus ist
- das Streben nach Rechtsstaatlichkeit sowohl im Innern von Staaten als auch
zwischen den Staaten weltweit,
- dass also Rivalitäten auf zivile Wege notfalls gezwungen werden.
Die zivilen Wege können verschieden sein:
Demokratische Entscheidung, diplomatische Einigung, gerichtliches Verfahren.
Jede dieser Varianten setzt voraus,
a) dass die Konfliktparteien keine Waffen haben, mit denen sich der Streit
selbstjustiziell führen ließe,
b) dass ein staatliches Gewaltmonopol (Polizei, Justiz) bzw. ein überlegenes
UNO-Gewaltmonopol (WSR, Streitkräfte, IGH und sämtlich reformiert) jegliche
Selbstjustiz bannt und strafverfolgt.
Das ist Pazifismus und mit UNO-Charta war erster Schritt, leider kein weiterer, weil Kalter Krieg, Nationalismus und dessen Heilige Kuh mit Namen Selbstverteidigungsrecht, obgleich es die Stärkeren privilegiert, das Wettrüsten schürt und die Selbstjustiz, also den Krieg.
Albert Einstein definierte 1952 wie folgt:
"Das Ziel des Pazifismus ist nur durch eine übernationale Organisation
erreichbar.
Die bedingungslose Befürwortung dieses Zieles ist das Kriterium des wahren
Pazifismus."
Bitte nicht missverstehen, denn ich freue mich über jeden Friedensappell, über jeden Beitrag zur Konfliktbeilegung, aber nennt es nicht "Pazifismus", sondern bspw. "Friedfertigkeit", "Gewaltlosigkeit" und "Friedensarbeit". Das sind schöne Eigenschaften zwar auch des Pazifismus, aber dessen Markenkern ist die rechtsstaatliche Unterdrückung der Selbstjustiz.
LG. Markus S. Rabanus, 2018-02-22
Mein Tipp: www.pazifistisches-manifest.de