Antiamerikanismus 2
Wäre
"Antiamerikanismus" die Gegnerschaft zu einem
"Amerikanismus",
so wäre ich für "Antiamerikanismus.
Weil aber "Antiamerikanismus" viel öfter eine Gegnerschaft
gegen "Amerika" ist,
bin ich gegen "Antiamerikanismus".
Antiamerikanismus
ist einer der reaktionären Fluchtversuche aus der Ideenlosigkeit der
Einfältigen.
Hallo Harun,
bei allem, was sich einige meiner Landsleute an "ungleicher Augenhöhe" gegenüber Zuwanderern anmaßen, sollte mich eigentlich freuen, wenn mal jemand "gleiche Augenhöhe" fordert, aber solche Gleichberechtigung stellt sich nicht dadurch her, dass im Streit um das friedliche Gnu der Gepard zum Löwen sagt: "He, wir haben die gleichen Rechte!"
Der Gepard meinte "gleichen Appetit", gleiche Interessen, aber zum RECHT fehlte im manches. Aus der Ferne kann er dem Löwen gut fauchen. -
Gleichberechtigung zwischen Rechtssubjekten lässt sich nur in zwei
Alternativen herstellen: Entweder man stellt das militärische Patt her, woran
sich Ost und West im Jahrzehnte langen Wettrüsten bis zum x-fachen Overkill
übte und riskiert damit das Überleben der Menschheit insgesamt, oder man
verständigt sich auf eine Struktur, auf eine Organisation, Institution wie
United Nations, die mit Gewaltmonopol ausgestattet die Staaten vom gegenseitigen
Wettrüsten entlastet und auch dem Schwächeren zum Recht verhilft, wenn das
stärkere Land im Unrecht ist.
Wer also "gleiche Augenhöhe" möchte, bekommst es nicht durch die
Behauptung des Rechts, sondern nur in Folge eines Rechts, für das es
gegenwärtig keine Durchsetzungsmittel gibt. - Ein weiter Weg, aber man kann ihn
gehen. Doch große Klappen kriegen bis dahin stets eins aufs Maul :-)
Darüber sollte man sich im Klaren sein. Und das kann nur funktionieren durch
Einbeziehung der USA, nicht im Gegeneinander mit den USA.
Grüße von Sven
DIALOG-LEXIKON
Hallo Jochen, hallo
TP,
heute meine Struck in einer ZDF-Talk-Runde, dass "wir schließlich keine Vasallen sind." Damit hat er zweifellos recht. Aber wenn man solches als Verteidigungsminister im TV zum Besten gibt, dann ist das genau die
Trampeltierhaftigkeit, derer ich die "Diplomatie" der Bundesregierung beschuldige. Denn es ist nicht diplomatisch, sondern sehr dumm, wenn man der US-Regierung ein Verlangen nach
Vasallen unterstellt. Selbst dann, wenn es sich einem so darstellt!
Struck wäre besser in einem SPD-Gremium besser aufgehoben. Auf internationalem Parkett rutscht er permanent aus. Seine Schnodderigkeit und Profilierungssucht ist einfach peinlich und schädlich.
Auf etwas anderes kommt es hingegen an: Dass Freundschaft nicht gleichbedeutend mit Gefolgschaft ist. Denn auch da liegen noch Entscheidungswelten zwischen: sehr wohl kann man in vielen Dingen "Freunde machen lassen ohne mitzutun" und in anderen Dingen muss man Freunde bremsen oder halten, aber bis zur Gegnerschaft soll man die Dinge deutlich unterscheiden.
Struck spielt zwar auch diese Zwischentöne, aber im Gedonner der Extreme gehen sie dann unter, kommen in den USA nicht an. Kleiner Mann mit großer Klappe, schlechtem Benehmen, den man schon mal ignorieren kann.
Also da läuft eine Menge falsch in diesem so wichtigem Streit. Mein Ärger über die CDU ist groß, aber wirklich über die Regierung nicht minder, denn am Ende zählt, wie viel Porzellan zerschlagen ist: in der Freundschaft oder als was auch immer man sie deklariert. Und in Bagdad.
Die großen Friedenssprüche, für ich Dich mich ja gern hergebe, sind noch längst kein friedenssichernder Beitrag, wenn sie ihr Umfeld, den Empfängerhorizont ignorieren. Was sich innenpolitisch bewährte, muss außenpolitisch noch längst nicht richtig gewesen sein. Für Außenpolitik genügt nicht der Konsens mit Wahlvolk, sondern braucht ebenso sehr den Konsens mit den Realitäten in der "übrigen" Welt.
Ich glaube, da liegt das m.E. viel kleinere Problem zwischen Dir Jochen und Dir
TP.
Ganz sicher geht es in letzter Konsequenz darum, dass sich Bush mit seinen militärischen Potentialen so weit aus dem Fenster gehängt hat, dass ein Rückzug ohne Krieg fast kaum noch Wahrscheinlichkeit hat, wenn nicht Hussein die weiße Fahne schwenkt und sich ergibt, worauf die Wette (="Drohkulisse") kaum lohnt. Insofern war auch schon dieser Dimension der Drohkulisse zu widersprechen, zumal unklar blieb, was denn nun eigentlich ihr Ziel ist: "Abrüstung" und/oder Entmachtung des Diktators. Unter anderem hieran krankt die Politik des Herrn Bush. An dieser Unklarheit, die es auch im Vorfeld der Afghanistan-Invasion gab.
Mit solcher unberechenbaren US-Politik kann es m.E. keinen "Schulterschluss" geben. Doch diesbezüglich verschafft sich die bundesdeutsche Außenpolitik ja auch wieder keine Klarheit. Und darum wirkt die Bundesregierung mit ihren vorauseilenden Entscheidungen eben auch nicht glaubwürdiger, wie es für frühe "Neins" gewöhnlich wäre.
Aber auch eine bessere Diplomatie würde vermutlich nicht verhindern, wenn die Entscheidungen in den Köpfen der Supermacht schon getroffen sein sollten. -
Ich darf spekulieren, denn ich bin nicht in Strucks oder Fischers Funktion.
Aber die beiden Minister müssten danach fragen: Was ist das Ziel von Bush? Oder will er es
häppchenweise? Erst die Waffen, dann Husseins Kopf? Aber dann scheitern doch auch daran die Waffeninspekteure, denn dann würde Saddam glauben, sie zum Überleben zu brauchen.
Wenn er jedoch bleiben darf "mit Garantie", was uns ebenfalls keine angenehme Vorstellung sein kann, dann würde er sich von den Waffen "aktiv" trennen, weil das sein Überleben dann in Umkehrung der ersten Fallvariante sicherte.
Das Weltsicherheitssystem braucht andere Strukturen, damit Wohl und Wehe a) nicht von solch untalentierten Provinzpolitikern wie Struck abhängt, b) nicht im alleinigen Ermessen der stärksten Militärmacht steht.
Zumindest letzteres bricht sich im Bewusstsein der Menschheit breite Bahn (wenn sich dieses Bewusstsein nicht unnötig in Blockdenken verirrt).
Grüße von Sven
Hallo Martin010,
nett, dass Du es nicht als Geschimpfe auffasstest. Ich habe Zeile für Zeile gelesen - und wohl auch verstanden.
Als ehrlich meinender Analytiker und landet man zwangsläufig bei Goethes Faust,
den Du abwandelst in: "wenn andere klarer sehen, beneide ich sie von Herzen):"
Mit ergeht es da nicht anders im Wirrwarr einer sich über viele Ebenen
verteilenden Politik mit unterschiedlichsten Motivationen, Konkurrenzen, den
Überblick längst verlierend und mit geheimdienstlichen Erkenntnissen nach
Legitimation sucht, was für mich den negativen Beigeschmack hat, dass wesentliche Informationen meinem Erlebnishorizont als unerreichbar dargestellt
sind und mir demokratische Mitsprache erschwert.
Deshalb ist zu überlegen, ob nicht prinzipielle Vorbehalte
gegen solche Legitimation geltend zu machen sind, ob nicht durch andere
Organisation Sicherheit, Berechenbarkeit und Demokratie gefördert werden
könnten.
Interessant ist dazu die Geschichte des Völkerbunds, seines
Scheiterns an imperialistischer Politik vor allem Japans, der Sowjetunion und
Deutschlands, interessant sind die Schlussfolgerungen, die aus dem Völkerbund
für die UN gezogen wurden, dann aber erneut scheiterten, weil die
Blockkonfrontation den Bau eines Weltganzen hinderte, interessant ist, dass nun
nach dem Ende des Ost-West-Konflikts Chancen verpasst werden könnten, wenn man
die USA in der Rolle der alles beherrschenden Supermacht aufgehen lässt und die
europäische Politik darin versagt, diese USA auf eine gemeinsame
Weltpolitik zu verpflichten.
Letztlich hängen die Erfolgsaussichten davon ab, ob die
wahrnehmbaren Interessenunterschiede harmonisierbar sind.
Im Verhältnis zu den USA würden sich die Widersprüche
vertiefen, wenn sich durch militärisches Handeln wirtschaftliche Gewinne
erzielen ließen, denn da könnte niemand mit den USA Schritt halten, sondern
würde den politischen Widerspruch nur durch Trittbrettfahrerei übertünchen
können.
Sollten die USA hingegen eine ideologisch-altruistische Politik
treiben, so würde man in der Ursache-Wirkungs-Analyse mit einer anderen
US-Regierung sicherlich besser reden können als mit Herrn Bush, aber gerade
gegenüber einer Bush-Regierung käme es auf Einbindungen an.
Wäre das erreicht, fragt sich weiter, ob die Widersprüche
gegenüber der islamischen Welt harmonisierbar sind, was zumindest gegenüber
den reicheren OPEC-Staaten noch realistisch scheint, aber sobald die Weltarmut
mit in die Betrachtung kommt, stellt sich die Frage nach der Harmonierbarkeit
erneut und vielleicht damit zugleich als am kompliziertesten.
Wie weit gehen die "geostrategischen" Überlegungen in
den Regierungsköpfen der Industrienationen? Hat man eine Vorstellung davon,
dass die "Dritte Welt" überhaupt aus ihrem Elend befreit werden kann?
Oder ist man bereits entschlossen, das gegenwärtige Wirtschaftsgefälle
als Status zu stabilisieren, "notfalls" militärisch zu zementieren?
Ich glaube nicht, dass es auf irgendeine dieser Fragen eine
wissenschaftstheoretisch gesicherte Antwort geben kann. Für mich steht fest,
dass sich globale Solidarität und Verantwortung nur entwickeln kann, wenn die
Verhältnisse zwischen den Staaten durch eine entwickelte Weltorganisation
geregelt werden. Auch damit gehen Risiken einher, aber auch die müssten
sich erforschen lassen.
Dass es Abweichler und Kriege geben. Aber niemand würde in
Italien die Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats oder des staatlichen
Gewaltmonopols aus dem Grunde fordern, weil es die mächtige Mafia gibt.
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