Abmahnung im Mietrecht
Urteil des Bundesgerichtshofs zur Frage des Rechtsschutzes gegen
Abmahnungen im Wohnraummietrecht
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob der Mieter einer Wohnung im
Wege der Klage gegen eine von ihm als unberechtigt angesehene Abmahnung durch
den Vermieter vorgehen kann.
Dem heute verkündeten Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger
ist Mieter einer Wohnung der Beklagten. Mit einem als Abmahnung bezeichneten
Schreiben teilte die Beklagte ihm mit, dass sie eine Beschwerde über ihn wegen
Ruhestörung, häufig durch ein überlaut eingestelltes Fernsehgerät, erhalten
habe. Für den Fall einer erneuten Beschwerde drohte sie ihm die fristlose Kündigung
des Mietvertrags an. Der Kläger macht geltend, dass die Abmahnung unberechtigt
sei. Mit der Klage beantragt er, die Abmahnung zu "beseitigen",
hilfsweise sie zu unterlassen; weiter hilfsweise begehrt er die Feststellung
ihrer Unrechtmäßigkeit.
Die Vorinstanzen haben die Klage als unzulässig abgewiesen. Die vom
Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass dahingestellt bleiben kann, ob die
von der beklagten Vermieterin ausgesprochene Abmahnung unberechtigt war. Auch in
einem solchen Fall kann der Mieter weder Beseitigung noch Unterlassung der
Abmahnung verlangen. Ein solcher Anspruch ist im Mietvertragsrecht nicht
geregelt und lässt sich auch nicht aus anderen Bestimmungen des Bürgerlichen
Gesetzbuchs herleiten, weil eine unberechtigte Abmahnung den Mieter noch nicht
in seinen Rechten verletzt. Die Wirkungen einer Abmahnung erschöpfen sich
darin, ihm ein als Vertragsverletzung beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen.
Der Vermieter erlangt dadurch für einen späteren Rechtsstreit keinen
Beweisvorsprung; vielmehr muss er den vollen Beweis für die vorausgegangene
Pflichtwidrigkeit führen, wenn der Mieter diese bestreitet und es – etwa für
die Frage der Berechtigung einer fristlosen Kündigung wegen Verletzung
vertraglicher Pflichten – auf die behauptete frühere Vertragsverletzung
ankommt.
Die davon abweichende Beurteilung der Folgen einer fehlerhaften Abmahnung im
Arbeitsrecht lässt sich auf das Mietvertragsrecht nicht übertragen. Im
Arbeitsrecht wird dem Arbeitnehmer zwar ein Beseitigungsanspruch gegen eine zu
Unrecht erteilte Abmahnung zugebilligt. Grundlage dessen ist jedoch eine sehr
ausgeprägte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, die im Mietvertragsrecht –
wenn überhaupt – jedenfalls nicht in einem annähernd vergleichbaren Maße
besteht.
Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist unzulässig, weil eine solche
Klage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nur die Feststellung eines Rechtsverhältnisses
zum Gegenstand haben kann. Dem Kläger ging es aber nicht darum, die
mietvertragliche Zulässigkeit eines bestimmten Gebrauchs der Mietsache oder
dessen Grenzen klären zu lassen. Vielmehr wollte er mit seinem
Feststellungsbegehren lediglich die Tatsache geklärt wissen, ob er die ihm
angelastete Vertragsverletzung begangen hat oder nicht; dies kann jedoch nicht
Gegenstand einer Feststellungsklage sein.
Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 139/07
AG Köln - Urteil vom 22. März 2006 - 217 C 206/05
LG Köln - Urteil vom 3. Mai 2007 - 1 S 150/06
Karlsruhe, den 20. Februar 2008
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
PE Nr. 34/2008