WAS TUN GEGEN RECHTS? Worte der Nazis führen nicht gleich zu einer Homepage Rechtsextremer
Initiative bemüht sich darum, Surfer im Internet in Bereiche der Aufklärung umzuleiten / Private verkaufen Adressen weiter / FR vom 10.08.2000 Von Markus Brauck (Frankfurt a. M.) Kaum ein Wort aus dem Fundus der Nationalsozialisten, zu der sich keine Internet-Adresse finden ließe: endsieg.de, judenvernichtung.de, judenvergasung.de, zyklon-b.de, siegheil.de, mein-kampf.de, mein-fuehrer.de . . . Wer sich im Internet auf die Suche macht, muss nicht sehr einfallsreich sein. Bislang gibt es auf den genannten Seiten zwar keine rechtsextremen Inhalte, aber schon die Vergabe solcher Domain-Namen stößt auf Kritik. Seit dem Ärger mit der Adresse heil-hitler.de ist man bei Denic, der deutschen Vergabestelle für Internet-Adressen, sensibler für das Thema. Am vergangenen Montag wurde die Adresse gesperrt, und am Dienstag erklärten Denic und Bundesjustizministerium, eine gemeinsame Negativliste zu erarbeiten. Wer dann Seiten wie gestapo.de und nsdap.de aufruft, soll automatisch auf eine anti-nazistische Aufklärungsseite weitergeleitet werden. Inhaber der Domain-Namen soll eine Stiftung werden. Doch ist fraglich, wie weit Denic die Kontrolle mitmacht. Man könne nicht jeden Namen sperren, der für die rechtsextreme Szene eine Bedeutung habe, sagt Denic-Sprecher Klaus Herzig. Schließlich könne sich etwa hinter dem Begriff Auschwitzlüge sowohl eine rechtsextreme Seite verbergen wie auch eine aufklärerische - was unter ausschwitzluege.de der Fall ist. Genausogut könne unter dem Namen Gänseblümchen übelste Hetze betrieben werden - was nicht der Fall ist. Verboten werden könnten nur Domains mit strafrechtlich relevantem Namen - wie dem verbotenen Hitlergruß oder der verbotenen NSDAP. Die Idee, Surfer auf der Suche nach rechtsextremen Seiten umzuleiten, ist nicht neu. Seit 1998 erscheint unter nazis.de eine Seite der "Initiative Dialog", die ein Diskussionforum für Rechte und Linke anbietet. Dort wird versucht, in Email-Kontakt mit Rechtsextremen zu kommen und ihnen mit Argumenten zu begegnen. Nach Angaben der Initiative wird die Seite monatlich 100 000 mal aufgerufen, gehen täglich 30 E-mails ein. Die Gruppe bietet unter thulenet.de auch eine Seite für Aussteiger aus der rechten Szene an. Damit besetzt die Initiative den Namen eines rechtsextremen Netzwerks. Die rechtsextremen Internet-Adressen werden jedoch keineswegs nur von Rechtsextremen erworben. Einige sichern sich die Domain-Rechte, um sie später gewinnbringend weiterverkaufen zu können. Zur Zeit stehen mehrere Verkaufsangebote im Netz. Andere wollen mit dem Nazi-Geruch bloß anderen schaden: Bis Mittwoch stieß man unter siegheil.de auf die Seite eines Verkäufers von Domain-Adressen, der davon nichts wusste. Besucher der anrüchigen Adresse wurden auf seine Seite umgeleitet. Der Provider ecce-terram bestätigte auf Anfrage der FR, dass die Umleitung einen "völlig Unschuldigen" getroffen habe und schaltete die Seite ab. Auch wenn die einschlägigen Begriffe von aufklärerischen Gruppen besetzt werden, ist die Suche nach Homepages von Neonazis im Internet immer noch ein Leichtes. Suchmaschinen leiten rasch auf Skinhead- und Neonazi-Seiten, die meist im Ausland ins Netz gestellt werden. Und wenn man einmal bei einer rechtsextremen Gruppe gelandet ist, führen Links weiter ins braune Netz. Manchmal erweisen auch die Aufklärungsseiten einen guten Dienst auf dieser Suche. Der Berliner Journalist Burkhard Schröder, ein Kenner der rechten Szene, stellte auf seiner Homepage eine umfangreiche Übersicht über antifaschistische und rechtsextreme Web-seiten zusammen. Dort sind es dann nur noch Sekunden bis zu den Adressen, wo man "Mein Kampf" lesen, Skinhead-Musik hören und Nazi-Devotionalien bestellen kann. Quelle: Frankfurter Rundschau vom 10.08.2000
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