In tiefer Trauer
um unseren Freund

Ignatz Bubis

Der heute von uns ging,
lebte für die Versöhnung unseres Volkes.

Ihm war die seltene Kraft gegeben,
eigenes Leid  in Weisheit zu überwinden.

Dass er stets mahnte, nicht zu verdrängen,
was unvergesslich, unverzeihlich ist,
trug ihm viel Feindschaft derer ein,
denen die Wahrheit unerträglich scheint.

Doch wir bekunden Ignatz Bubis unsere Liebe,
die ihm, wie er uns, 
über den Tod hinaus erhalten bleibt.

Ehre seinem Andenken!

www.internet-journal.de

markus sebastian  rabanus
- berlin -

 


"Selig sind, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit
 willen, denn Gottes Welt steht ihnen offen."

Wir trauern um Ignatz Bubis,

den unermüdlichen Kämpfer gegen Rassismus 
und für Verständigung der Menschen
 unterschiedlichen Glaubens.

In großer Hochachtung und Dankbarkeit

Dr.med. A. Rabanus  und  Frau Christa


Ignatz Bubis, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland und Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses in Paris, ist tot.  
Er starb am heutigen Freitag, den 13.August 1999 im Alter von 72 Jahren.

Nachruf

Ignatz Bubis wurde am 12.01.1927 im schlesischen Breslau geboren.
Anfang 1941 verschleppten die Nazis den 14-jährigen Spross in das Getto Deblin und später in ein Arbeitslager. 
Bubis verlor im Holocaust zwei Geschwister und seinen Vater.

Trotzdem verschrieb sich Bubis nie der Rache, sondern verstand die Nazi-Verbrechen nüchtern als politisch, als rassistisch und nicht als "typisch deutsch" - so sehr war  er Deutscher (wie andere Nichtrassisten) auch.

Bubis vollbrachte es, sich von der traumatischen Holocaust-Kindheit zu emanzipieren, aber Emanzipation hieß für ihn eben nicht gefährliches Vergessen  oder Verdrängen, sondern bewusste Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und darum notwendig auch Kritik an einer  Gegenwart, in der sich noch immer Hass gegen Juden in Brandstiftungen und Friedhofschändungen auslebt.

Leider fühlen sich viele Wohlwollende einem verklärendem Judenbild verpflichtet, wonach Juden der Schritt aus der Vergangenheit in die Gegenwart unmöglich sei. Aber Bubis war kein Museumsführer, sondern Unternehmer, ein lebensfroher Aktivmensch blitzschneller Denkarbeit und Entscheidungen. Er war humorvoll und es machte Spaß, mit ihm zu diskutieren: kein "Betonkopf", sondern voller Elan nach der gemeinsamen und besseren Antwort suchend. 

Die Opferrolle lag ihm nicht. Bubis verabscheute es,  bedauert zu werden. Er wollte, dass aus dem Schlachthof-Deutschland der Nazi-Zeit endlich wieder eine Heimat für die deutschen Juden wird.   

Erst in den letzten Monaten vor seinem Tod wandelte sich die kämpferische Frohnatur Bubis zu einem  pessimistischeren Menschen.  Der Streit mit Walser war der Beginn einsetzender Zweifel: Wie krank muss die deutsche Seele sein, dass sie sich mit Verjährungsforderungen zum Anwalt der Täter macht, anstatt die kritische Distanz zu bewahren?  Ist die Fähigkeit zur Selbstkritik keine Tugend?

Bubis bilanzierte und befand, dass er "nichts erreicht" habe:  die deutschen Juden werden von der Mehrheit weder als religiöse noch als nationale Minderheit akzeptiert, sondern trotz 1.700 Jahren gemeinsamer Geschichte als fremdes Volk angesehen.

Auch aus diesem Grund verstärkte Bubis sein Engagement gegen ausländerfeindliche Tendenzen.  Er kritisierte die kontraproduktiven CDU-Straßenagitation gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und formulierte als erster deutscher Spitzenfunktionär  gemeinsame Erklärungen mit Vertretern der islamischen Religionsgemeinschaft - eine wirkliche Friedenssensation im Hinblick auf das komplizierte Verhältnis zwischen Juden und Moslems, aber auch ein Beitrag gegen die globale Zuspitzung  christlich-islamischer Konflikte.

Überhaupt scheute Bubis keinerlei politische Unbequemlichkeit,  weder in den eigenen Reihen fühlte er sich berufen, es allen recht zu machen, noch fürchtete er die Empfindlichkeiten staatlicher Institutionen, als er beispielsweise der Wehrmachtsausstellung in der Paulskirche forderte, dass die Deserteure des 2.Weltkrieges "Vorbilder der heutigen Bundeswehr werden" sollten. - Natürlich könnten wir uns fragen, warum eine solche Forderung "mutig" sein soll, wenn doch die Wehrmacht im Ergebnis des verbrecherischsten Krieges der Weltgeschichte aufgelöst wurde, aber es ist nun einmal so, dass die sich Bundeswehr  gerne in dieser militärischen Tradition sehen will.  Warum auch immer. -

Wir freuen uns heute über die  allerorten positiv ausfallenden  Würdigungen für Ignatz Bubis, aber vieles davon kommt deutlich zu spät.

Bubis war Mensch, Jude, Deutscher durch und durch. Gewiss ließ er es manches Mal an Diplomatie im Umgang mit den Gestrigen und den Langsamdenkern vermissen, aber Bubis wollte nicht des Volkes Psychiater sein, sondern die Öffentlichkeit direkt und ohne verzierendes Beiwerk mit seinem Standpunkt konfrontieren. Das sollte möglich sein in einer aufgeklärten, demokratischen Gesellschaft. Doch immer wieder bedurfte es seiner vorbildlichen Zivilcourage.  Die Zukunft ohne ihn wird langweiliger, unproduktiver.  Er wird uns wirklich fehlen.

Es bleibt uns nur die Erinnerung an einen  herausragenden Humanisten, an einen "schwierigen"  Ignatz Bubis nur für diejenigen, die noch so viel zu lernen haben, was gar nicht so schwierig sein müsste, wie sie denken.

Ignatz Bubis entschied, dass er in Israel begraben werde: "Weil ich es nicht will, dass mein Grab in die Luft gesprengt wird - wie das von Heinz Galinski."  

Und wieder müssen wir ihm recht geben, so bitter es ist, dass nicht deutsche Erde zu seiner letzten Ruhestätte werden kann, weil noch immer die wahren Vaterlandsverräter den deutschen Juden unsere gemeinsame Heimat verweigern.

Wenn wir stolz sein wollten, worauf wir stolz sein könnten, 
dann können wir es sein, 
weil ein Ignatz Bubis
Deutscher war!

www.internet-journal.de 

Tel Aviv - 15.08.99
Das Bubis-Grab in Israel wurde noch während der Trauerfeier  von einem Juden geschändet, der den Sarg mit schwarzer Farbe besprühte. -  Ironie des Schicksals und Drama eines Menschen, dem die Besonderheit geneidet wird.
 
Nachhilfeunterricht für Antisemiten:
  1. Wenn vor 100 Jahren Deutsche nach Amerika ausgewandert sind, dann nennt man sie heute "Deutsch-Amerikaner" - und es sind "Amerikaner"  und  keine "Deutschen" - fragt sie selbst!
  2. Wenn vor 1.700 Jahren Juden in das damals noch nicht existente Deutschland einwanderten, dann sind es "Deutsche" und "deutsche Juden" nur dann, wenn sie jüdischer Tradition sind, aber auch dann sind sie  "Deutsche"   wie "deutsche Katholiken",  die auch ihre eigenen Traditionen haben und zwar wieder andere als die "deutschen Protestanten".  Und trotzdem sind es alles "Deutsche". -  Zu schwierig? 

Alles andere ist Rassismus.

Nachhilfeunterricht für Rassisten:

  1. Wenn vor mehr als 30 Jahren die ersten Türken nach Deutschland kamen, hier arbeiteten und hier schon die zweite Generation Kinder hervorbrachten, dann sollen sie und ihre Kinder, wenn sie es wollen,  "Deutsche"  werden.
  2. Wenn Türken  "Deutsche"  werden, dann sind sie keine "Ausländer" mehr,  sondern "Inländer" wie andere Deutsche auch.  -   Zu schwierig?

Alles andere ist Rassismus.

Wer hier in unserem Land nicht friedlich leben, sondern streiten, schlagen, zündeln will, auf den können wir gut verzichten, denn das hatten wir ja schon.
Uns ist die Hautfarbe von Brandstiftern egal !
- alles andere ist Rassismus - 
darum hinter Schloss und Riegel mit denen, 
die  nicht in Frieden leben wollen!

aus dem Projekt:  www.nazis.de 

Der SPIEGEL über Ignatz Bubis:
http://www.spiegel.de/....html


wir dokumentieren nachstehend den Schriftwechsel mit Ignatz Bubis und Johannes Rau 
vom Februar 1999

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